Betreutes Wohnen – eine sinnvolle Wohnform im Alter?

von | 18. September 2020 | Miteinander leben, streiten, wachsen, Sagen Sie mal…

Das sogenannte „Betreute Wohnen“, oder auch als „Servicewohnen“ bezeichnet, ist eine Wohnform, die sich in jüngerer Zeit speziell für ältere Menschen anbietet. Sie soll weitgehend selbständiges Wohnen, wie in einer „normalen“ Wohnung, ermöglichen, aber auch dem Wunsch älterer Menschen nach Bequemlichkeit, Komfort, Sicherheit und sozialer Umgebung Rechnung tragen.

Der Stadtseniorenrat Nürnberg hat sich intensiv mit dem Thema „Betreutes Wohnen“ befasst. Martin Wiedenbauer, der den Arbeitskreis Wohnen leitet, ist inzwischen ein regelrechter Fachmann, der sich auch nicht davor scheut, der Politik auf die Füße zu treten. Wir sprachen mit ihm:


Ist Betreutes Wohnen eine gute Alternative zum Wohnen im alten Zuhause oder im Seniorenheim?

Das ist eine Alternative, wenn es sich um eine gute Anlage handelt. So habe ich im Idealfall rund um die Uhr Ansprechpartner*innen wenn ich Hilfe benötige. Unter demselben Dach kann ich dann auch meinen täglichen Bedarf abdecken wie den Besuch beim Friseur oder im Café und habe kurze, bequeme Wege um meine Einkäufe zu erledigen. Und wenn ich krank bin oder pflegebedürftig werde, dann kann ich auch leicht Pflege organisieren. Nachteil: Diese Leistungen kosten und werden, im Gegensatz zu den Pauschalen im Pflegeheim, alle einzeln verrechnet. Wenn die Pflegebedürftigkeit steigt, dann wäre ein Pflegeheim sicher die kostengünstigere Lösung. Der Idealfall ist, wenn sich Betreutes Wohnen und Pflegeheim unter einem Dach befinden.

Der Begriff „Betreutes Wohnen“ ist nicht geschützt oder anderweitig rechtlich definiert. Was muss ich dazu wissen?

Jeder kann seine Wohnanlage als „Betreutes Wohnen“ benennen und das so definieren wie er mag, da hier keine allgemeingültigen Standards vorgeschrieben sind. Als unterste, einfachste Stufe besteht das Vorhandensein einer Notrufeinrichtung, leicht erreichbar in der Wohnung installiert, wie sie jederzeit auch sonst angeboten wird und dann vielleicht noch ein paar Notrufnummern am schwarzen Brett neben den Briefkästen. Daher ist die Gesamtsituation des Betreuten Wohnens/Servicewohnens für Interessierte unübersichtlich und schwer durchschaubar.

Was ist daran die Hauptkritik des Stadtseniorenrats?

Dass das in Bayern geltende „Gesetz zur Regelung der Pflege-, Betreuungs- und Wohnqualität im Alter und bei Behinderung“ (PfleWoqG) im Betreuten Wohnen/ Servicewohnen zumindest gegenwärtig keine Anwendung findet (Art. 2 Abs. 2). Es liegt zwar eine Wohnanlage für Senioren vor. Sie ist dennoch kein Pflegeheim im Sinne des Gesetzes, obwohl ja u. U. Pflegeleistungen erbracht werden. Insoweit findet keine Beratungs- und Kontrollfunktion durch die jeweils örtlich zuständige Heimaufsicht statt! Ist ein Pflegedienst im Haus, wird bei diesem ausschließlich der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) als „Kontrollinstanz“ tätig.

In Pflegeheimen fordert das PfleWoqG auch die Einrichtung einer Bewohnervertretung. Im Betreuten Wohnen/ Servicewohnen fehlt ein solches Gremium, das die Gesamtheit der Bewohner und deren Interessen vertritt! Der Stadtseniorenrat fordert von der Politik, dass für den Begriff „Betreutes Wohnen“ eine Zertifizierung nach DIN-Vorschriften, die die Serviceleistungen definieren, verpflichtend wird. Wir fordern, dass es eine Bewohnervertretung geben muss, wie es auch im Pflege- und Wohnqualitätsgesetz für Senioren- und Pflegeheime geregelt ist. So wären Bewohner*innen im Beschwerdefall nicht allein auf sich gestellt.

Worauf sollte ich achten, bevor ich einen Vertrag abschließe?

Der Stadtseniorenrat Nürnberg hat zur Hilfestellung einen Leitfaden und Ratgeber entwickelt. Zusätzlich kann man anhand einer Checkliste bewerten, was einem beim Betreuten Wohnen persönlich wichtig ist, angefangen beim sozialen Wohnumfeld über hauswirtschaftliche Angebote oder Pflegeangebote und mehr. Beides finden Sie auf unserer Homepage unter https://www.nuernberg.de/internet/stadtseniorenrat/betreuteswohnen.html

Wie finde ich die passenden Angebote in meiner Umgebung?

Der Pflegestützpunkt Nürnberg veröffentlicht auf seiner Homepage ein regelmäßig aktualisiertes Verzeichnis. Aufgelistet sind 40 Wohnanlagen mit über 3.000 Wohnungen:
https://pflegestuetzpunkt.nuernberg.de/beratungsangebote/wohnformen/
Außerdem erhalten Sie in der Beratungsstelle des Seniorenamtes detaillierte Auskunft und Beratung zum Wohnen im Alter, Informations- und Prospektmaterial zu den einzelnen Einrichtungen, sowie Informationen zu allen Fragen, die das Leben und die Lebensbereiche älterer Menschen betreffen.

Kontakte
Pflegestützpunkt Nürnberg im Heilig-Geist-Haus
Hans-Sachs-Platz 2
90403 Nürnberg
Telefon 09 11 / 53 989 53 oder 09 11 / 801 66 26
https://pflegestuetzpunkt.nuernberg.de
Montag, Dienstag und Donnerstag von 8:30 bis 15:30 Uhr, Mittwoch von 8:30 bis 18:00 Uhr
und Freitag von 8:30 bis 12:30 Uhr


Informationen über den Stadtseniorenrat Nürnberg und seine Arbeit finden Sie unter
https://www.stadtseniorenrat.nuernberg.de

9 Kommentare

  1. Ich finde es interessant zu lesen, dass betreutes Wohnen eine sinnvolle Wohnform im Alter sein kann. Es ist beruhigend zu wissen, dass es Einrichtungen gibt, die speziell auf die Bedürfnisse älterer Menschen zugeschnitten sind und ihnen ein selbstbestimmtes Leben in einer unterstützenden Umgebung ermöglichen. Ich werde definitiv mehr über das Konzept des betreuten Wohnens recherchieren, um die besten Optionen für meine Oma zu finden.

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  2. Ich kann mir vorstellen später zusammen mit anderen älteren Menschen in einem betreuten Wohnen zu leben. Gerade ist für mich eine ambulante Pflege aber noch am angenehmsten, da ich meine geliebte Wohnung nicht aufgeben möchte. So lange finde ich das eine gute Lösung.

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  3. Der Pflegedienst kommt täglich zu meinen Großeltern. Dafür sind wir sehr dankbar, weil wir das selbst nicht übernehmen könnten, da wir selbst viel Arbeiten. Sie sind aber sehr zufrieden und verstehe sich sehr gut mit den Pflegekräften.

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  4. Der Beitrag bietet einen guten Überblick über die verschiedenen Formen des betreuten Wohnens und gibt mir eine Vorstellung davon, was mich in einer solchen Wohnform erwartet. Besonders interessant fand ich die Informationen zur sozialen Einbindung in eine betreute Wohnform und wie dadurch Einsamkeit im Alter vermieden werden kann. Als jemand, der sich Sorgen um die Zukunft macht und eine Wohnform sucht, in der er im Alter gut versorgt ist, fühle ich mich durch diesen Artikel ermutigt und besser informiert, um eine fundierte Entscheidung zu treffen.

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  5. Mein Onkel ist derzeit auf der Suche nach einem Pflegeheim. Dabei ist es gut zu wissen, dass betreutes Wohnen auch eine Alternative dazu darstellen kann. Ich hoffe, dass er einen passenden Anbieter finden wird.

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  6. Hallo Karin und danke für diesen informativen Beitrag! Ich finde es sehr gut und auch wichtig, dass es überhaupt die Möglichkeit des betreuten Wohnens gibt. Möchte man einen Job in der Pflege ausüben, so ist dieser ein Segen für alle ältere Menschen.

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  7. Vielen Dank für diesen Beitrag zum Thema Altenpflege. Gut zu wissen, dass betreutes Wohnen eine gute Alternative ist, solange es sich um eine gute Anlage handelt. Mein Großvater ist schon seit längerer Zeit nicht mehr in der Lage selber auch sich Acht zu geben, weswegen wir ein Pflegebett für ihn suchen.

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  8. Ich suche ein Seniorenheim für meine Mutter. Leider kann ich mich nicht mehr um sie kümmern. Da das betreute Wohnen auf Dauer auch zu teuer wäre, bleibt mir und ihr nur das Seniorenheim.

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  9. Vielen Dank für die Informationen über betreutes Wohnen. Mein Vater ist aufgrund seines hohen Alters in einem schlechten Gesundheitszustand. Ich werde meinem Vater bei der Suche nach betreutem Wohnen helfen, weil ich glaube, dass er es braucht.

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Bildnachweis: Daisy Daisy-stock.adobe, Karin Behrens, Stadtseniorenrat Nürnberg