Weihnachtserinnerungen

von | 18. Dezember 2020 | Miteinander leben, streiten, wachsen, Sagen Sie mal…

Weihnachtserinnerungen

Ohne Baum kein Weihnachten. Das galt schon an Weihnachten in den 50er und 60er-Jahren. Und natürlich wurde der Baum auch festlich geschmückt, wobei ohne Lametta gar nichts ging! Abends gab es in den meisten Familien Kartoffelsalat mit Würstchen, eine Tradition die auch heute noch von vielen Familien gepflegt wird. Die Geschenke wurden erst verteilt, wenn alle gemeinsam gesungen und die Kinder ihre Gedichte aufgesagt hatten. Der „burner“ damals waren Blockflötenkonzerte, die selten ohne schräge Töne vorgetragen wurden. Weihnachtliche Musik kam aus dem Plattenspieler und auf Weihnachtsgrüße via WhatsApp, Instagram und YouTube wurde verzichtet – ganz einfach, weil natürlich noch nicht vorhanden.

 

 

 


Beglückendes Fest

Heilig Abend 1951. In der guten Stube „meiner“ „Oma Heidelberg“. Ein riesengroßer Christbaum behängt mit silbernen Kugeln und vielen leuchtenden Kerzen versetzt den kleinen Jürgen in ehrfürchtiges Staunen. Doch dann hat er nur noch Augen für das, was sich da vor ihm dreht: Eine Dampflokomotive mit drei Güterwagen zieht auf dem Boden vor dem Weihnachtsbaum ihre Kreise.

Auch Oma und Opa, Vater und Mutter bestaunen die elektrische Märklin-Eisenbahn. Das Christkind ist schon wieder unterwegs ins nächste Haus. Zurück lässt es ein sechsjähriges glückseliges Kind, das noch lange an das Christkind glaubt. Denn wer sonst hätte ein so herrliches Geschenk neben der Krippe aufbauen können!
Übrigens: Es ist ein sehr vorausschauendes Christkind, hat es doch damals das Fundament für viele glückliche Weihnachtsabende gelegt. Erinnerung von Jürgen Wilhelmi

 

 


Meine kleine Geschichte!!

Als ich noch ein Kind war, da hat mir das Weihnachtsfest gar nicht so gut gefallen. Ich war ein Einzelkind und durfte an den Feiertagen nicht zu meinen Freundinnen. Die hatten alle Geschwister und es war bei denen immer lustig. Mir war oft langweilig. Ich hatte ja niemand zum Spielen – und Fernseher gab es damals noch nicht. Als Weihnachtsgeschenk bekam ich immer was Nützliches. Einen Pullover, oder manchmal einen Wintermantel, oder Winterschuhe, weil ich das ja brauchte. Dabei habe ich mir vom Christkind doch Spielsachen gewünscht.
Als ich schon etwas älter war, da durfte ich dann am Weihnachtstag den Christbaum mit meinem Papa schmücken. Das war toll, da war ich ganz stolz, dass ich das durfte. Wir hatten echte Kerzen, die hat Papa am Baum befestigt.
Die mussten richtig gut sitzen, damit das Wachs nicht runtertropft. Ich hängte dann die Kugeln an den Baum.

Am längsten hat es gedauert, bis ich das Lametta an die Zweige gehängt hatte. Das waren lange breite silberne Streifen. Wenn dann die Kerzen brannten und das Lametta funkelte, und wir ein Weihnachtslied dazu sangen, da war ich richtig stolz, weil ich ja mitgeholfen hatte. Erinnerung von Uschi Kulla

 

Wir warten aufs Christkind…

Kann sich jemand noch an die Fernsehsendung „Wir warten aufs Christkind“ erinnern?“
Ja, es gab noch Zeiten, da war es für Kinder etwas ganz Besonderes, den Nachmittag vor dem Fernsehgerät verbringen zu dürfen! Kater Mikesch von der Augsburger Puppenkiste kam darin vor, oder auch der „Sumsemann“ aus Peterchens Mondfahrt. Und mir war fast schlecht vor Aufregung in den Stunden vor der Bescherung…
Der Christbaum war schon geschmückt, das machte mein Vater immer am 24.12. vormittags und ich durfte mithelfen: Immerzu korrigierte ihn meine Mutter, denn das Lametta sollte schön gleichmäßig hängen. Papa war noch etwas einsilbig (verkatert?), denn Anfang der sechziger Jahre pflegte seine Firma ausgerechnet am Tag vor Heiligabend ihre Weihnachtsfeier. Sehr familienfreundlich…

Irgendwann wurde es feierlich, denn dann kamen die Großeltern, Opa im Anzug und Oma in einem „guten“ Kleid. Ich habe erst spät verstanden, dass für sie als Flüchtlinge Weihnachten viele Jahre lang etwas Besonderes war und verbunden mit Erinnerungen an Zeiten, in denen man nicht zusammen feiern konnte und der Tisch nicht so üppig gedeckt war.
Es wurde viel gesungen, der Opa begleitete auf der wehmütigen Mundharmonika und endlich ging es an die Pakete unter dem Christbaum.
Und die blöden schwarzen Lackschuhe durften auch endlich wieder ausgezogen werden…
Erinnerung von Doris Reinecke


Bedrückendes Fest

24. Dezember 1962. Heilig Abend in Karlsruhe-Durchlach. Unterm Christbaum stand mein erstes, so lange von mir ersehntes Drei-Gang-Fahrrad. Doch rechte Freude kam nicht in mir auf. Im Gegenteil. Ich wusste ja: meine Eltern wollten mir damit über meinen so tief gehenden Abschiedsschmerz hinweghelfen: Zwei Monate später stand der Familienumzug nach Nürnberg bevor – meines Vaters wegen, der seinen neuen Wunscharbeitsplatz bekam.
Für mich dagegen war es keine strahlende Nacht, sondern eine „schöne“ furchtbar schlimme Bescherung: Mit 17 Jahren der Totalverlust aller meiner Freunde, meiner Schulkameraden, meines Jugendfreundes Klaus. Nürnberg, das hieß für mich Verbannung aus meiner bisherigen Lebenswelt. Weit weg vom Rhein und vom Schwarzwald, mit denen mich eine pfadfinderische Seelenverwandtschaft verband. Und so unendlich weit weg von Heidelberg, wo meine geliebten Großeltern, Onkels und Tanten wohnten -monatliche Besuche inbegriffen.

Eine Strecke, die für mich auch auf dem Fahrrad ohne Gangschaltung locker an einem Tag hin zu zurück zu bewältigen war. Doch dagegen war die Strecke zwischen Karlsruhe und Nürnberg damals eine schier unüberwindliche Distanz. Oder wie es einer meiner Schulkameraden ausdrückte: „Was, du ziehst an die Zonengrenze?“
Während der Feiertage und in den Tagen bis zum Jahresbeginn 1961/62 zeigte ich meinem nagelneuen Fahrrad bei Matsch und Schnee mein so geliebtes und vertrautes Terrain voller Abschiedsschmerz. Von Weihnachtsfreude spürte ich nichts in mir. Sie war weit entfernt – weiter noch als die Strecke auf der Landstraße zwischen Durlach und Nürnberg.
Erinnerung von Jürgen Wilhelmi


Hinter fremden Fenstern

Im Herbst 1962 suchten unsere Eltern mit uns, ihren drei Kindern (die beiden „Küken“ wurden erst später geboren), in Nürnberg eine neue Heimat. Arbeit gab es hier für sie reichlich, aber wir wohnten, wie die meisten Menschen damals, sehr beengt. Unsere Zwei-Zimmer-Wohnung befand sich in einer Baracke, eingekeilt zwischen einer Hufschmiede (links daneben) und einem Pferdestall (rechts daneben). Und immer wenn die Pferde mit ihren Hufen an die Wand schlugen, hatte die Badewanne dumpf gedröhnt.

An Heiligabend durften wir erst nach Hause kommen, wenn der Baum geschmückt war. Also stapften wir mit den Großeltern, die extra aus NRW zu Besuch da waren, durch den tiefen Schnee. Als Ziel erkor unser Großvater das nahe gelegene Flüchtlingslager Schafhof, in dem damals unter anderem Flüchtlinge aus Schlesien, dem Sudetendeutschland und Ostpreußen untergebracht waren. Und da hob uns der Großvater vor jedem hell erleuchteten Fenster hoch um uns zu zeigen, wie diese „armen“ Menschen feiern müssten und wie gut es uns doch ginge. Obwohl sie alle Deutsche waren, besaßen sie ihre je eigenen kulturellen Gepflogenheiten, was wir besonders am Weihnachtsschmuck, an den gedeckten Tischen und der unterschiedlichen Kleidung sehen konnten.

 

Wir sahen aber auch, dass die Menschen „miteinander“ waren und das, was sie hatten, untereinander teilten und genossen. Uns war es sehr peinlich sie dabei zu beobachten und wir hatten Angst entdeckt zu werden. Gleichzeitig spürten wir aber einen tiefen Frieden und Feierlichkeit, da draußen vor den Fenstern, wo uns dicke Schneeflocken um die roten Nasen tanzten.
Erinnerung von Karin Behrens

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Bildnachweis: Jürgen Wilhelmi, Uschi Kulla, Karin Behrens, Doris Reinecke