Zweimal von England nach Deutschland bitte

von | 2. März 2020 | Freizeit!!!, Miteinander leben, streiten, wachsen

Als wir jünger waren, haben mein Mann und ich uns oft gewünscht, irgendwo in Europa zu leben. Mein Traum war, in Frankreich oder Italien zu wohnen, wegen des Weins und des Wetters natürlich, aber vor allem, weil ich flüssig Französisch spreche – und wer kann sagen, dass Italienisch nicht eine schöne Sprache ist? Wir haben uns nicht vorgestellt, dass wir eines Tages nach Deutschland umziehen würden. Schließlich und endlich ist die Küste die Nordsee! Aber das ist genau, wo wir uns plötzlich wiedergefunden hatten, weil mein Mann einen Job in Nürnberg fand.

Und wie ist das Leben in Nürnberg für zwei über fünfzigjährige Menschen, die lange auf dem Lande im Südwesten von England gewohnt haben? Ehrlich gesagt ist es am Anfang ganz schwierig gewesen: Wir hatten hier keine Freunde, unsere drei Kinder wohnten immer noch in England (jetzt sind zwei davon in Neuseeland), und meine 80 -jährige Mutter wohnte allein und ziemlich weit entfernt von Familie und Freunden. Mein Mann war den ganzen Tag im Büro. Ich kam mir sehr isoliert vor und das Schuldgefühl gegenüber meiner Mutter war manchmal überwältigend.

Aber selbstverständlich haben wir beschlossen, hier ein gutes Leben zu haben. Schließlich gibt es so viel, was man unternehmen kann: Kinos, Museen, Musik, Eishockey, Geschichte, Biergärten, Schlösser, Wanderungen in der fränkischen Schweiz, Zugfahrten in andere interessante und schöne Städte (das Bayernticket ist dafür fantastisch!) Meiner Meinung nach sind die öffentlichen Verkehrsmittel wunderbar. Bei uns in England gab es nur einen Bus pro Tag und der fuhr an keinen interessanten oder nützlichen Ort. Im Moment wissen wir gar nicht, wie lange wir hier bleiben werden, deshalb wollen wir keine Gelegenheit auslassen, zu reisen.
Wir sind schon zweimal nach Österreich gefahren und letztes Jahr konnte ich eine Donauschifffahrt mit meiner Mutter von Nürnberg nach Budapest machen. Für meine Mutter sind alle ihre Träume in Erfüllung gegangen.

Also, zwei Jahre später haben wir Freunde und nette Nachbarn und natürlich haben wir manchmal Besuch von Familie und Freunden gehabt. Wir haben so viel gelernt, obwohl wir immer noch den fränkischen Akzent und Dialekt ziemlich schwer zu verstehen finden. Unser Haus ist bequem und für mich ist der Garten sehr wichtig, weil ich Floristin/ Gärtnerin bin.

Aber ich muss sagen, dass ich ohne Soziale Medien noch immer ein bisschen isoliert wäre. Glücklicherweise habe ich darüber viele nützliche Gruppen gefunden und sogar Stammtische und Floristikwerkstätten organisiert. Wegen meiner regelmäßigen Reisen nach England, um meiner Mutter zu helfen, kann ich leider nicht arbeiten. Wer würde mir einen Job geben, wenn ich jede acht Wochen wegfahre? Zuerst war ich sehr enttäuscht, aber jetzt sehe ich das gelassener.

Jetzt ist es mir nicht mehr wichtig, wie lange wir hier wohnen werden, nur, dass wir zusammen sind. Ja, ich muss ganz oft wieder nach England fahren, um meine Mutter und unsere Tochter zu sehen, aber unser Leben ist hier und dafür sind wir durchaus dankbar.

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Bildnachweis: Lesley Slater , Lesley Slater