Wir warten aufs Christkind…
Können sich die Omas, Opas und älteren Mamas und Papas noch an „Wir warten aufs Christkind“ erinnern?
Das war die Sendung, mit der die ARD über Jahrzehnte am Nachmittag des 24. Dezember vielen Kindern die Wartezeit auf die Bescherung verkürzte.
So auch mir – in schwarz-weiß, denn in den sechziger Jahren hatten wir noch kein Farbfernsehgerät und lange Zeit sogar nur ein Programm.
Das machte Garnichts: Es war einfach wunderbar, alleine fernsehen zu dürfen – lange, lange, und ohne, dass die Eltern einfach ausschalteten. Die waren genug beschäftigt mit Kochen, Tischdecke für den Abend bügeln (Mama) oder Schuhe putzen, Zeitunglesen (Papa).
Den Baum hatte mein Vater am Morgen aufgestellt und mit mir geschmückt – immer wieder von meiner Mutter ermahnt, das Lametta Fädchen für Fädchen aufzuhängen und nicht einfach auf die Zweige zu werfen.
Ich hab das Christbaumschmücken geliebt – im Gegensatz zu Papa, der ab und an noch ganz schön unausgeschlafen war. Die Firma, in der er arbeitete, richtete ihre Weihnachtsfeier damals noch am 23.12., also am Tag vor Weihnachten aus. Meine Mutter erzählte später immer, viele Ehefrauen hätten sich darüber beschwert, dass ihre Männer „am Heilig Abend selber zu nichts zu gebrauchen waren“, und so wurden die Betriebsweihnachtsfeiern irgendwann weiter vorverlegt im Kalender.
Wie haben meine eigenen Kinder aufs Christkind gewartet, zwei Jungs, die mittlerweile selber Papa, beziehungsweise im Papa-Alter, sind?
Ja, auch bei ihnen spielten Weihnachtsvorfreude – Kindersendungen eine große Rolle. Und wir hatten eine Videokassette mit Sketchen rund um „Weihnachten mit Mr. Bean“, die kam zum Einsatz, als sie etwas älter waren und brachte sie Jahr für Jahr zum Kichern…
Die Ablenkung hat auch mir gutgetan, denn vor der Bescherung gab es auch für mich noch einiges an Hausarbeit zu erledigen. Ich war alleinerziehend und wir hatten über Jahre hinweg die Regel, dass an Heilig Abend beide Großelternpaare bei uns zu Besuch waren. Am nächsten Tag holte mein Ex-Ehemann die Kinder dann ab und es gab noch einmal Bescherung und Festessen mit ihm. Nochmal Vorfreude!
Heilig Abend musste also der Tisch ausgezogen und gedeckt werden, Essen wurde vorbereitet, aufgeräumt, das Glöckchen bereitgestellt, mit dem schon ich zur Bescherung gerufen worden war. Den Christbaum hatte ich mit den Kindern schon an den Tagen davor geschmückt… dazu später mehr…
Es gab also viel zu tun und doch mochte ich die Vorfreude auf ein Zusammensein der Familie im Kerzenschein und die der Kinder auf das Aufpacken der Geschenke.
Einem meiner Söhne war an Heilig Abend gegen Mittag regelmäßig schlecht vor Aufregung, so dass ich immer wieder nach seiner Stirn fasste, um die Temperatur zu fühlen.
Raus an die frische Luft gehen: Auch das war mir wichtig, bevor alles in der Stube festlicher und kuschliger wurde! Sich nochmal richtig durchpusten lassen vom Winterwind oder zumindest mit dem Schirm durch die Gegend stapfen. Noch einmal in den Park und zum großen Spielplatz oder raus in den Wald fahren.
Dann haben wir auch immer die Tiere versorgt: Die Katze bekam ein besonders leckeres Futter, die Vogelhäuser wurden frisch befüllt.
Mein jüngerer Sohn kniete gerne vor unserer großen Krippe und ergänzte die Hirten und Engel gern mit seinen Playmobilrittern und –Pferden.
Aus meiner Kindheit erinnere ich mich noch daran, dass Papa abends Hemd und Krawatte anzog, Mama ein festliches Kleid und auch ich irgendwas Festlich-Kratziges und die verhassten weißen Strumpfhosen anziehen musste, bevor „das Christkind“ kam.
Das wollte ich für meine Kinder nicht. Aber frisch angekleidet haben wir uns immer, bevor der Besuch kam, damit ein Zeichen gesetzt ist: So, nun folgt ein besonderer Abend!
Zurück zum Christbaumschmücken…
In meinem ersten Jahr als Alleinerziehende war ich mit dem Baumaufstellen noch nicht sehr routiniert und wir hatten einen etwas altmodischen Christbaumständer. Der Baum schien mir nicht 100 Prozent stabil zu stehen und sicherheitshalber knüpfte ich eine Schnur um den Stamm und band sie unauffällig an einem Türscharnier fest: Geschafft!
Damals war mir auch noch wichtig, den Baum mit echten Kerzen zu schmücken, weil ich den Geruch so gerne mochte und alles möglichst mit Naturmaterial dekorieren wollte.
Gut schaute der Baum aus, als wir mit den Großeltern davorstanden und ein Weihnachtslied sangen.
Allerdings war mir entgangen, dass ich eine der Kerzen zu nah unter der beschriebenen Schnur platziert hatte…
Auf einmal begann der Baum – 2. Strophe „Oh Tannenbaum“ – sich langsam, langsam nach vorne zu beugen… und fünf Erwachsene beugten sich ihm entgegen, fluchten, kreischten, pusteten Kerzen aus, hoben Kugeln auf und öffneten hektisch das Fenster,
Die beiden Jungs hatten erst kugelrunde Schreckens-Augen, dann hatten sie viel zu lachen und Jahr für Jahr an Heilig Abend eine Erinnerung zu teilen: „Das war cool, wie der Opa `Scheiße!´ gesagt hat… und der Baum dann ganz zerzaust aussah…!“
Der eine Opa kam gleich nach den Feiertagen vorbei und schenkte uns eine elektrische Lichterkette und einen stabilen Christbaumständer aus dem Weihnachts-Sale, den ich heute noch nutze.
Und jetzt erlebe ich erstmals einen Heilig Abend als Oma… voll Vorfreude auf leuchtende Kinderaugen und Dankbarkeit dafür, dass wir zusammen feiern können, nach fast 2 Jahren Pandemie, die uns Einiges abverlangt haben. Hoffen wir, es geht weiterhin Alles gut, wenn wir zusammenhelfen… so wie seinerzeit, als der Christbaum fast brannte.
Fröhliche Weihnachten!
Bildnachweis: Adobe Stock, privat
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