Wie meine Freundinnen die Coronazeit erlebten

von | 21. August 2020 | Familie und Beruf - Alles gut vereinbar?!, Miteinander leben, streiten, wachsen

Lesley Slater hat im Familienblog schon davon erzählt, wie sie sich in Nürnberg eingelebt hat: Als Britin, deren Mann der Job hierher geführt hat und deren Kinder in Großbritannien und Neuseeland wohnen. Heute erzählt sie, wie deutsche und englische Freundinnen die Coronazeit erleben und erlebten:

Die Coronazeit: interessant, langweilig, furchtbar oder vielleicht in Ordnung? Was denkt Ihr?
Ich konnte dem Ganzen auch etwas Positives abgewinnen: mein Mann macht „Homeoffice“ und wir haben regelmäßig Kaffeepausen zusammen gemacht. Es könnte schlimmer sein!

Aber für viele Frauen ist es nicht so einfach. Ich habe neulich mit vier Freundinnen über die Coronazeit gesprochen und sie haben mir erzählt, wie sich ihr Leben während der Pandemie verändert hat.

Mary (36)

Ich sprach mit Mary während wir durch den Wald spazierten. Mary ist Mutter von zwei Jungs. Der ältere geht normalerweise in den Kindergarten und war aber jetzt mehr als drei Monate lang mit seinem jüngeren Bruder zuhause. In der Anfangszeit ging alles ganz gut.

Sie haben alle drei gemeinsam gespielt und Mary hat versucht jeden Tag etwas Neues und Interessantes mit ihren Jungs zu unternehmen. Aber nach drei Wochen gab es eigentlich nichts Neues mehr und sie empfand die Tage als lang und ermüdend.

Ihr Mann war nicht da, denn er musste im Büro arbeiten und Mary fiel es schwer, immer gute Laune und keine Zeit für sich selbst zu haben. Sie ist oft um 20 Uhr völlig erschöpft ins Bett gefallen. Als die Kinderspielplätze wieder geöffnet wurden, war sie unglaublich froh darüber. Doch sie erzählte mir, dass sie sich auch schuldig fühlte, weil sie die Zeit mit ihren Kindern nicht richtig genießen konnte.

Susanne (49)

Susanne ist geschieden und wohnt allein in ihrer Wohnung. Vor der Coronazeit und dem „Lockdown“ hat sie zwei Wochen in England mit Freunden und der Familie verbracht, deshalb musste sie danach, zurück in Deutschland, erst einmal in Quarantäne und zwei Wochen lang von zuhause aus arbeiten. Leider erkältete sie sich aber in dieser Zeit und musste anschließend nochmal zwei Wochen länger zuhause bleiben. Sie erzählt mir, dass sie sich in dieser Zeit allein und einsam fühlte.

Sie ging zum Arzt und dieser erklärte ihr, dass England kein Corona Hotspot war und sie wahrscheinlich nur eine einfache Erkältung hatte.

Wenn man allein lebt und krank ist, ist es nie leicht, aber wenn man dann auch noch keinen Kontakt zu anderen Menschen haben darf, kann man sich schnell sehr einsam fühlen.

Brigitte

Und dann habe ich mit Brigitte geplaudert. Sie arbeitet sehr gerne und liebt ihren Job.

Im Februar fuhr sie mit ihrer Familie in den Urlaub nach Italien und als sie zurückkam, musste die ganze Familie zur Sicherheit in Quarantäne, für den Fall, dass sie Kontakt mit infizierten Personen gehabt hatte. Ihr Mann arbeitete im „Homeoffice“ und die zwei Kinder, 10 und 12 Jahre alt, machten ihre Schularbeiten am Esstisch. Brigitte arbeitete im Schlafzimmer.

Es ist nicht einfach, wenn die ganze Familie plötzlich zuhause ist und von dort aus arbeiten und die Schulaufgaben erledigen muss. Brigitte und ihr Mann helfen ihren Kindern gemeinsam bei der Schularbeit. Es kann aber schon mal vorkommen, dass man mitten in einer Onlinekonferenz ist und der Sohn schreit „Mama, kannst du mir bitte helfen?“. Für jede Menge berufstätige Menschen, die Kinder haben, ist die Coronazeit eine echte Herausforderung.

Amy

Dann sprach ich mit Amy, einer jungen Engländerin, die seit drei Jahren mit einem Deutschen verheiratet ist.

Amy hat ein Kleinkind, das am Anfang der Coronazeit nur elf Monate alt war und jetzt gerade ist sie wieder schwanger!

Die kleine, junge Familie wohnt im fünften Stock eines alten Gebäudes, nicht weit von der Stadtmitte. Es gibt keinen Aufzug, aber sie haben zum Glück einen kleinen Balkon.
Bis vor kurzem hatten sie auch noch einen Hund, der mindestens zweimal pro Tag spazieren gehen musste. So viele Treppe hinab und hinauf mit Hund, Kind und dann noch in der Schwangerschaft! Eine echte Herausforderung, oder?
Amy ist sicherlich nicht die einzige Frau, die sich in solcher Situation befindet. (Ach ja, der Hund wohnt jetzt bei einer Freundin in einem Einfamilienhaus mit Garten!)

 

Ich bin sehr dankbar, dass ich in dieser seltsamen Zeit nicht vor solche Herausforderungen gestellt wurde.
Ich denke, dass eine große Anzahl an Frauen, Männern und Kindern in dieser Zeit nicht so zufrieden gewesen sind und viele Schwierigkeiten meistern mussten, die sie zuvor noch nicht kannten.

Wir sollten aber nicht immer nur an unsere eigenen Schwierigkeiten denken.
Ich glaube, es gibt immer jemanden, der es noch schwieriger als man selbst hat. Wir können nicht immer helfen, aber wir können zuhören und versuchen die Menschen zu verstehen. In einer Welt, wo man alles sein kann, ist liebenswürdig und hilfsbereit zu sein so wichtig. Es kostet nichts und hilft so sehr.

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