Weihnachten – einmal ganz anders
Jetzt geht sie wieder um, die Frage: „Was machst du Weihnachten?“ Auch außerhalb von Pandemiezeiten bringt sie alle Jahre wieder viele zum Seufzen und in Stress, ob wir allein leben oder im Familienverband. Weil sich die Gestaltung der Feiertage oft nicht nach unseren tiefsten eigenen Wünschen richtet, sondern nach Kindern, Verwandten und eingefahrenen Traditionen. Patchwork-Familien überlegen: Wo geht welches Kind an diesen Tagen hin, wer trifft wen wie lange, in welcher Kombination? Neben der Logistik sind da manche Emotionen zu regeln.
Eine Weihnachtsfrage meiner Eltern war: „Was machen wir mit Oma?“ Die lebte als Witwe allein und leider feierte keiner so gern mit ihr. Damit sich niemand wegen mir mal diese Frage stellen muss, entwickelte ich durch alle Lebensphasen hindurch große Fantasie bei der Gestaltung meiner Festtage, wobei ich mich vom „Fest der Familie“ verabschiedete. So erlebte ich mit die erholsamsten Festtage ohne Familie bei einer Kur im Taunus, wo ich Mut gewann, mich danach aus der Ehe zu lösen. Später aß ich am Weihnachtsabend mit einer alten gehbehinderte Frau aus der Gemeinde Lachs oder ich genoss eine Foto-Tour durch die beleuchtete Altstadt.
Es braucht nur ein genaues Hinspüren und die Frage: Was brauche ICH wirklich an den Weihnachtsfeiertagen? Muss es das aufwändige Braten-Menü sein und die Jagd nach dem Weihnachtbaum mit den schönsten Zweigen? Vielleicht mögen ja andere Familienmitglieder die Küche und Dekoration übernehmen. Vielleicht mag Vater und Sohn eine Wanderung machen und Mutter und Tochter hätten eine „Frauenzeit“ für sich – vielleicht mögen die Kinder ganz ohne Eltern feiern und diese atmen auf beim Fest zu zweit, während der Nachwuchs sich bei Freunden erholt.
Vielleicht pfeift jemand ganz auf Weihnachtsbräuche und fühlt sich einer anderen Winter-Kultur näher – in multikulturellen Zeiten doch völlig akzeptabel.
Wie viel Kreativität könnte es freisetzen, Weihnachten einmal ganz neu zu denken und gestalten? Keine Angst, mit den eigenen Wünschen sichtbar zu werden – das ermutigt die anderen, sich damit zu zeigen – statt befürchtetem Bruch kann mehr Verbindung entstehen. Welch ein Weihnachtsgeschenk, wenn die Wünsche ALLER Beteiligten erfüllt werden! Wie viel Streit und Spannung könnte das sparen. Verspüren Sie bei der Vorstellung neue Energie und Freude statt vertrautem Weihnachtsstress?
Damit so eine neue Planung leichter fällt, hilft als erster Schritt, wenn alle ihre wichtigsten Bedürfnisse herausfinden, bevor es ans Überlegen der Umsetzung geht.
Habe ich zum Beispiel großen Bedarf an RUHE – oder ist mir auch nach BEWEGUNG. Bevorzuge ich VERTRAUTHEIT im eigenen Nest zuhause oder brauche ich ABWECHSLUNG und ein bisschen ABENTEUER? Vor allem: WEN möchte ich wirklich um mich haben? Diese Frage ist in dieser Zeit von Kontaktbeschränkung vielleicht sogar leichter zu lösen. Feiern in kleinsten Gruppen, auf Raten, bietet mehr Raum zum ZUHÖREN und für echte VERBUNDENHEIT, während bei großen Feiern oft alle durcheinanderreden und im Rausch des Geschenkeauspackens gar keine Ruhe für echte Begegnung möglich ist.
Weihnachten einmal ganz anders zu gestalten ist eine große Chance, sich selbst und der Familie näher zu kommen, sich neu zu erleben. Dabei zu erfahren, dass unterschiedliche Bedürfnisse nicht trennen müssen, sondern ungeahnte Möglichkeiten und Freiheiten bringen, ist dann das größte Geschenk. Und was machen Sie jetzt zu Weihnachten?
Bildnachweis: Adobe Stock
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