Nürnberg in Aktion für Inklusion: Erster kommunaler Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention beschlossen

von | 7. Februar 2022 | Miteinander leben, streiten, wachsen

Am 15.12.2021 verabschiedete der Stadtrat der Stadt Nürnberg einstimmig den Ersten Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Nürnberg. Doch was ist ein Aktionsplan und für wen hat er Bedeutung? Und was hat es mit der UN-Behindertenrechtskonvention eigentlich auf sich?

Jeder Mensch ist anders. Diese Verschiedenheit bereichert unser Leben. In einer inklusiven Gesellschaft darf und soll jeder Mensch, unabhängig von zugeschriebenen Merkmalen wie Alter, Geschlecht, ethnischer Herkunft oder Behinderung, am sozialen, politischen und kulturellen Leben teilhaben können. Die Besonderheiten aller Menschen werden akzeptiert und als wertvoller Teil in die Gesellschaft aufgenommen.

Alle profitieren von Inklusion

Die Inklusion verbessert dabei das Leben aller Menschen – ob mit oder ohne Behinderung. Man denke beispielsweise an den barrierefreien Umbau der Bushaltestellen in Nürnberg. Von der Anhebung des Bordsteins profitieren neben Personen im Rollstuhl oder mit Rollator, auch (Groß-)Eltern mit Kinderwägen. Ganz offensichtlich wird der Vorteil der Inklusion für alle bei der Umsetzung der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) 2.0. Ein Wortungetüm, zugegeben, aber ein wichtiger Schritt hin zur inklusiven Gesellschaft: Die Verordnung nimmt die Behörden in die Pflicht, Onlinedienste für alle zu ermöglichen. Mit einer einfachen, bürgernahen und genderneutralen Sprache, ergänzt um Erläuterungen in Leichter Sprache und Gebärdensprache. Alles wichtige Etappen auf dem Weg zur vollständigen Teilhabegerechtigkeit.

 

Inklusion ist Menschenrecht

Inklusion ist ein Menschenrecht. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen konkretisierte in der UN-Behindertenrechtskonvention (kurz: UN-BRK) die bereits anerkannten Menschenrechte für die Lebenssituation von Menschen mit Behinderung. Das im Jahr 2006 verabschiedete Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen verlangt ein gemeinsames Gestalten des Lebensumfelds für und mit allen Menschen, unabhängig von ihrer Behinderung oder anderen Merkmalen. In Deutschland, einem der Länder, das die Konvention als erstes unterzeichnete, trat sie 2009 in Kraft. Zwei Jahre später wurde der Nationale Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention beschlossen, der auch die Bundesländer und die Kommunen verpflichtete, eigene Aktionspläne zu erstellen. Behinderung wurde nun nicht länger als medizinisches Defizit verstanden, sondern als wesentliches Element der menschlichen Vielfalt. Der Staat muss gewährleisten, dass Menschen mit Behinderung die gleichen Rechte haben wie Menschen ohne.

Erster Aktionsplan für Nürnberg als Etappenziel zur vollumfänglichen Teilhabegerechtigkeit

 

Wie sehr Menschen „behindert“ werden, hängt stark von ihrer Umwelt und sozialen Lage ab. Daher muss die Kommune, in der sie leben, die Rahmenbedingungen schaffen, um volle und selbstbestimmte Teilhabe herzustellen. Das schließt beispielsweise die Frage ein, wie Kindertageseinrichtungen, Schulen und Wohnraum gestaltet sein müssen und welche Hilfsmittel und Unterstützungsleistungen benötigt werden. Was gibt es bereits? Wo gibt es Verbesserungsbedarf? Wo gibt es Lücken?

Der Aktionsplan der Stadt Nürnberg ist ein strategisch ausgerichtetes Handlungsprogramm, wobei der Schwerpunkt in dieser ersten Fassung auf Projekten der Stadtverwaltung liegt. Unter der Federführung des Oberbürgermeisters Marcus König und der Referentin für Jugend, Familie und Soziales, Elisabeth Ries, haben daran alle Geschäftsbereiche der Stadtverwaltung mitgearbeitet, die das Thema Inklusion als Querschnittsaufgabe in gemeinsamer Verantwortung vorantreiben. Insgesamt umfasst der Aktionsplan mehr als 200 Maßnahmen in acht Handlungsfeldern, darunter auch das Handlungsfeld „Kinder, Jugendliche und Familie, Partnerschaft“.

Für die zusätzliche Finanzierung der Inklusionsmaßnahmen hat der Stadtrat ab Juli 2022 bis einschließlich 2024 einen Verfügungsfonds über insgesamt 625.000 Euro eingerichtet. Zudem werden für diesen Zeitraum zwei Stellen für die Umsetzung gesamtstädtischer Inklusionsmaßnahmen geschaffen.

Nürnberg macht sich aber nicht erst jetzt auf den Weg zu einer inklusiveren Stadtgesellschaft. Die Stadtverwaltung hat schon viele Maßnahmen für Teilhabe und Inklusion in Nürnberg umgesetzt, die ebenfalls im Aktionsplan vorgestellt werden. Beispielsweise wurde der Fachdienst Inklusion für Kindertageseinrichtungen im Jugendamt eingerichtet, der Kitas und Eltern bei Fragen zur Inklusion von Kindern mit Behinderung unterstützt. Hervorgegangen aus dem Anspruch, Kinder in Regel-Kitas und -schulen zu fördern und gemeinsam mit Kindern ohne Behinderung aufwachsen zu lassen.

 

Dynamische Weiterentwicklung des kommunalen Aktionsplans

 

Im Aktionsplan werden aber auch viele Maßnahmen benannt, die erst am Beginn der Umsetzung stehen und sich derzeit noch in Planung befinden. Dies sind vor allem Maßnahmen, die im Rahmen des breit angelegten Beteiligungsprozesses für den kommunalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-BRK vorgeschlagen wurden. Als Motor des Prozesses erarbeiteten Betroffene und Angehörige, Mitglieder des Behindertenrats der Stadt Nürnberg und des Stadtrats, die Fachöffentlichkeit und die Stadtverwaltung eine Vielzahl an Maßnahmenvorschlägen. Nicht alle Vorschläge konnten in die erste Fassung des Aktionsplans aufgenommen werden. Jedoch wird der Aktionsplan stetig weiterentwickelt und fortgeschrieben. Der auf der Website Aktionsplan UN-BRK (nuernberg.de) veröffentlichte Aktionsplan wird laufend aktualisiert und um weitere Vorhaben ergänzt. Beispielsweise um Maßnahmen, deren wesentliche Gestaltungsmöglichkeiten außerhalb der kommunalen Zuständigkeit liegen. Auch um weitere Bereiche mit Handlungsdruck, die im Ersten Aktionsplan bislang nur wenig berücksichtigt sind, wie psychische Erkrankungen und seelische Beeinträchtigungen. Zudem ist zu erwarten, dass z.B. mit dem reformierten Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) und durch Vorhaben der neuen Bundesregierung weitere Veränderungen kommen werden.

Hubert Hüppe, ein ehemaliger Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen hat es im Jahr 2011 so ausgedrückt: „Wer Inklusion will, sucht Wege, wer sie verhindern will, sucht Begründungen.“ Fest steht: Für alle Menschen lohnt es sich, Verantwortung für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention zu übernehmen und Möglichkeiten für ein inklusives Miteinander zu finden. Inklusion geht uns alle an und so müssen wir alle mit anpacken, wenn wir mit der Inklusion vorankommen wollen.

Und hier geht es zu den Nürnberger Maßnahmen: Maßnahmen des Nürnberger Aktionsplans zur Umsetzung der UN-BRK – Aktionsplan UN-BRK (nuernberg.de)

 

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