Mit Kindern über Krisen sprechen

von | 11. August 2023 | Eltern werden, Eltern sein, Miteinander leben, streiten, wachsen

Als mein Sohn klein war, schienen die großen Krisen noch weit weg. Dann kam die Pandemie, kurz darauf der Krieg in der Ukraine und inzwischen lassen sich auch die Folgen des Klimawandels kaum mehr ignorieren. Nun ist er bereits elf Jahre alt und weiß, was Kipppunkte sind. Er begreift nicht, warum die Politiker*innen nicht dazu bereit sind alle Maßnahmen zu ergreifen, die für eine Verlangsamung dieser Prozesse nötig wären. Er weiß, was Frontex tut, ohne, dass wir es ihm erklärt hätten, und beinahe täglich wird im Radio über Waffenlieferungen und Kriegsschauplätze berichtet.

Bereits 2021 berichtete das ZDF über die Ergebnisse einer internationalen wissenschaftlichen Studie zum Thema „Klimaangst bei jungen Menschen“. Das Ergebnis war erschreckend: Mehr als die Hälfte der befragten Kinder und jungen Erwachsenen fürchtet sich derart vor den Folgen der Klimakrise, dass diese Angst ihren Alltag negativ beeinflusst. Ich bin davon überzeugt, dass die Art der medialen Berichterstattung einen großen Anteil daran trägt.
Sobald unsere Kinder ihr eigenes Smartphone in den Händen halten, haben wir als Eltern nur noch bedingt Kontrolle darüber, mit welchen Meldungen unsere Kinder konfrontiert werden. Entsprechende Apps bieten bestenfalls Schutz vor jugendgefährdenden Inhalten, jedoch nicht vor den Clickbait-Überschriften der großen Medienhäuser, die eigens darauf ausgelegt sind aufzuschrecken, um uns zum Weiterlesen zu animieren.
Da Kindern in der Regel der Kontext fehlt, in den sie das Gelesene einbetten können, können diese Meldungen ihnen leicht Angst machen oder bereits vorhandene Ängste schüren.
Und es sind ja nicht nur die weltweiten Krisenzustände, mit denen Familien umgehen müssen. Auch eine schwere Erkrankung, die Trennung der Eltern, der Tod eines geliebten Menschen oder Haustiers – auch das sind Krisen, die Kinder bewältigen müssen.

Krisen gehören zum Leben dazu und wir Eltern können unsere Kinder darin unterstützen, einen gesunden Umgang mit den Gefühlen zu finden, die diese in uns auslösen.

 

Und so kann es funktionieren:

Vor allem ist es wichtig, dass unsere Gespräche dem jeweiligen Alter der Kinder angemessen sind. Den Kleinsten reichen oft schon einfache Erklärungen, die ihnen helfen, die Situation besser zu begreifen. Bilderbücher können dabei unterstützen. Ältere Kinder verfügen bereits über die Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge zu verstehen und auch abstraktere Konzepte zu erfassen.

Ehrlichkeit bei der Vermittlung der Inhalte ist mir sehr wichtig. Ich denke, wir sollten dabei versuchen, auf Details zu verzichten, die unsere Kinder überfordern könnten. Um die Gefährlichkeit der Lage verstehen zu können, benötigen sie aber ausreichend Informationen, mit deren Hilfe sie Situationen einordnen können. Und wenn wir auf einige der Fragen keine Antworten wissen, sollten wir das auch zugeben. Auch das Nichtwissen gehört schließlich zum Umgang mit der Krise – genau wie das Vertrauen in die gemeinsamen Fähigkeiten, solche Phasen zu meistern.

 

 

Um sicherzugehen, dass wir nicht zu viel erzählen, lohnt es sich, Fragen zu stellen. Wenn ich weiß, was genau mein Kind besorgt, kann ich explizit darauf Bezug nehmen und vermeide es, ihm versehentlich zusätzliche Sorgen aufzuladen. Wenn wir wiederholen, was wir von den Schilderungen verstanden haben, und interessierte Rückfragen stellen, helfen wir unseren Kindern dabei, die eigenen Gefühle zu verstehen und so besser zu verarbeiten.

Wir alle brauchen Mitgefühl, auch dann, wenn unsere Gefühle unserem Gegenüber unangemessen oder übertrieben vorkommen. Wenn die eigenen Gefühle einfach sein dürfen, fühlen wir uns sicher und geborgen. Das gilt für Kinder natürlich genauso wie für Erwachsene. Zusätzlich ist es wichtig auch daran zu erinnern, wo es Sicherheit und Normalität in unserem Leben gibt, auf welche Ressourcen und Unterstützungsnetzwerke wir uns verlassen können, und, dass wir aus Krisen oft gereift und gestärkt hervorgehen.

 

Ein familiärer Rahmen, in dem alle miteinander über Gefühle sprechen können, ermöglicht uns das Erleben eines sicheren Ortes inmitten aller Unruhen. Ich denke, es lohnt sich sehr, einen solchen Umgang gemeinsam zu üben.

 

 

Folgende Webseiten können helfen:

Das Kinderportal www.frieden-fragen.de

Kindernachrichten bei www.logo.de (ZDF Mediathek)

Das kostenlose Jugendmagazin (auch als Print) der Bundeszentrale für politische Bildung: www.fluter.de

Infoblatt der Bundeszentrale für politische Bildung zum Krieg Russlands gegen die Ukraine: https://www.bpb.de/system/files/dokument_pdf/Bpb_Wasgeht_Russland-Ukraine-Krieg_Broschuere_Doppelseiten.pdf

Die Nummer gegen Kummer: www.nummergegenkummer.de

Und noch ein paar Tipps zum Sprechen über den Klimawandel von den Psychologists for Future: https://www.psychologistsforfuture.org/wp-content/uploads/2022/08/Mit-Kindern-ueber-die-Klimakrise-reden.pdf

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