Mit Katz und Maus im Haus?

von | 29. April 2019 | Freizeit!!!

Als Riccardo ins Haus kam, passte er locker in meine Hand und hatte schwarze Haare, die mehr Federchen oder Flusen ähnelten. Einfach süß.
Aber im ersten Jahr mit Kater im Haus habe ich es oft bereut, dass wir ihn zu uns geholt hatten!

Kollegin Erika war von Büro zu Büro gegangen und hatte berichtet, ein winziges Kätzchen wäre bei ihr in der Straße gefunden worden – wahrscheinlich ausgesetzt – und sie könne und wolle es nicht behalten: Ob jemand aus dem Kollegenkreis es aufziehen wolle? Wenn nicht, dann brächte sie es in den nächsten Tagen ins Tierheim.

Mein Fehler war, davon zuhause zu erzählen. Beim Abendbrot mit zwei Kindern, die – nachdem die Meerschweinchen verstorben waren – schon länger um einen Hund oder eine Katze bettelten. Bis dahin hatte ich mich erfolgreich gewehrt und dabei argumentiert mit Kosten, mangelnder Zeit und dass die damit verbundene Arbeit eh an mir hängen bleiben würde.
Zwei Tage später zog Riccardo bei uns ein.

Dass er ein Kater sei, stellte der Tierarzt für uns fest. Und dass er höchstens 7 Wochen alt sei – viel zu früh, um ihn der Mutter weg zu nehmen! Dafür konnten wir ja nun nichts. Die erste Rechnung für Impfungen und irgendwelche Zusatzmittelchen war ganz schön teuer. Ein Kratzbaum wurde angeschafft, ein Katzenklo, ein Transportkorb.
Weil viel zu klein und unbeholfen für die gefährliche Gartenwelt sollte er noch einige Wochen in der Wohnung bleiben. Anstrengende Wochen waren das, wo wir ihn ständig suchten, aus Wäschekörben und von Gardinenstangen retteten, zerkratzte Stellen an Tapeten fanden und ich aufjaulte, wenn er an meinen Beinen hochklettern wollte und dabei die Krallen ausfuhr.

Endlich durfte er ein echter Draußen-Kater sein und sein neues Revier erobern! Mit dem ersten Schlitz im Ohr zurückkehren, zwei Tage verschwunden sein und uns alle drei bange rufen und suchen lassen. Stolz brachte er die erste Maus ins Wohnzimmer: Lebend!!! Sie piepste herzzerreissend, als er mit ihr hingebungsvoll spielte und wir retteten ihr das Leben, indem eines der Kinder den Kater packte und aus dem Zimmer trug. Verschwunden war die Maus – wir haben sie nie mehr gesehen und ich hatte lange Angst, sie sei hinter einem Schrank an einem Herzinfarkt verendet und finge nun das Stinken an.
Die nächste Tierarztrechnung kam – Riccardo wurde kastriert.
Und die dritte Tierarztrechnung mußte bezahlt werden – Riccardo hatte wohl irgendwo in der Nachbarschaft einen Rattenköder angeknabbert und kam mit giftgrünen Bröseln ums Maul in die Wohnung zurück. Wieder mußten wir uns anschauen lassen, als wären wir zu blöd, ein Tier zu halten…

Die kleine Unglücksserie des kleinen Findelkaters schien nicht abzureißen:
Er hatte die unangenehme Angewohnheit, in der Küche auf Hängeschränke zu klettern und uns beim Essen zu beobachten. Gern sprang er uns dann von oben ins Genick, so dass unser Geschrei groß war, Löffel in aufspritzende Suppe platschten und wir uns kleine Striemen am Rücken zuzogen.
Bei diesem leichtsinnigen Sport muß er einmal abgerutscht und auf ein Möbelstück geknallt sein.

Riccardo zog sich zurück, hatte keinen Appetit mehr, maunzte vor sich hin und wirkte zwei Tage lang richtig, richtig krank. Also wieder zum Tierarzt…
Naja, und der überwies uns nach seiner Untersuchung mit ernstem Gesicht an die Tierklinik: Riccardo hatte sich einen Leistenbruch zugezogen und mußte operiert werden.

Die Kinder bangten, zerdrückten Tränen und waren sooo erleichtert, ihren Liebling einer fürsorglichen Tierärztin zu überlassen, die genau erklärte, was jetzt mit Riccardo geschähe und dass er in drei, vier Tagen wieder bei uns sein würde.
Erleichtert war ich einerseits auch. Andererseits zahlte vor mir gerade der stolze Besitzer eines Dobermannes 700 Euro für dessen Klinikaufenthalt. Und im Wartebereich der Klinik gab es ein Riesenregal voll Spezialnahrung für nieren-, magen-, sonstwas-kranke Hunde und Katzen, die mehr kostete als das, womit manche Eltern ihre Kinder füttern.
Riccardo wurde zuhause noch tagelang liebevoll gehätschelt und von den Kindern mit Berichten über eigene erlebte „Sportunfälle“ tröstend versorgt.

Sollte das nun immer so weitergehen? Ständig beim Tierarzt? Ständig Geld ausgeben das wir lieber in einem Freizeitpark oder in der Therme gelassen hätten?
Wie bringe ich den Kindern bei, dass das nicht ständig so weitergehen kann, weil unser Haushaltsbudget begrenzt ist?

Ich will Riccardos Lebenslauf etwas abkürzen: Es ist nicht so weitergegangen, zum Glück für ihn und zum Glück für meine Geduld und unsere Haushaltskasse.
Aber es hätte ja auch anders kommen können und was ich sagen will, ist: Es will wirklich überlegt sein, sich ein Haustier anzuschaffen, auch wenn man es geschenkt bekommt. Halten wir das gut aus, wenn mal was kaputtgeht? Nehmen wir in Kauf, dass für das Tier Anschaffungen und Gesundheitskosten anfallen? Wer kümmert sich, wenn wir in Urlaub fahren? Können wir für genug Auslauf und Beschäftigung sorgen usw usw…
Für die Kinder waren diese schwierigen ersten Monate übrigens eine lehrreiche Zeit im Mitfühlen und Mitkümmern, das muß ich zugeben. Riccardo ist ihnen sehr ans Herz gewachsen.

Heute sind sie schon längst aus dem Haus. Der pummlige Kater ist mit meinem Mann und mir älter und grauer geworden.Er wartet abends lieber darauf, dass die Fernsehnachrichten angestellt werden und er sich davorsetzen kann und hat keine Lust mehr darauf, von Schränken zu springen. 

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Bildnachweis: Foto Doris Reinecke, Doris Reinecke