Instagram-Mütter

von | 3. Januar 2025 | Eltern werden, Eltern sein, Freizeit!!!

Familienblogautorin und zweifache Großmutter Karin Charlotte Melde wundert sich über fragwürdige Instagram-Leitbilder von heute

 

Als Kind sah ich schwarz-weiße Fernsehwerbung, in der eine frisch frisierte Frau mit Schürze über einem schicken Kleid lächelnd in ihrer glänzenden Küche steht. Ein männlicher Sprecher stellte fest, die wichtigste Frage einer Hausfrau sei: Was ziehe ich an, was koche ich heute? Schon damals kam mir das suspekt vor. Nun staune ich über die Posts der Instagram-Mütter, rund 45 Jahre später und in Farbe. Junge Mütter, Make-Up, Kleidung und Küche im Stil harmonisch abgestimmt.

 

 

 

Die Texte spricht kein Mann mehr, sie reden selbst von sich. Neben den schnellsten veganen Rezepten, die die ganze Familie glücklich und gesund halten, zeigen sie sich mit Baby auf dem Körper bei akrobatischen Yogaübungen, denen sogar der Hund folgt. Sie wissen, wie man weise gewaltfrei mit Kindern kommuniziert, Sie regulieren traumasensitiv ihr Nervenkostüm mit Klopf- und Zitterübungen. Manche tun das in fernen Ländern, mitten in der Pampas vor der selbstgebauten Jurte, in der sie ihre Kinder ohne fremde Hilfe gebären. Bei all dem sehen sie auch nach dem vierten Kind so knackig aus wie ihr frisch geerntetes Gemüse aus Eigenanbau.

 

 

 

Ich versinke beim Scrollen der Instagram-Bilder in Bewunderung vor so viel Können. Doch sie sind mir auch unheimlich die neuen Mütter. Einerseits freue ich mich, dass wir Frauen unsere Super-Power heutzutage überall zeigen dürfen, andererseits erinnern mich die Darstellungen leise an die TV-Reklame von damals, mit der attraktiven, ihre Pflichten mit Leichtigkeit erledigenden Frau. Wollen Frauen mit all diesen Kunststücken nicht doch gefallen? Müssen sie sich so „aufführen“ auf der Bühne der sozialen Medien, um Anerkennung zu bekommen?

 

 

 

Neuerdings mehren sich jedoch Insta-Videos mit Anti-Bildern, die mich erleichtern. Frauen, die bewusst in schlampigen Klamotten und unaufgeräumter Wohnung ihre Erkenntnisse zum Besten geben, Frauen mit starker Körperfülle bei Leibesübungen, aus denen sie einen Slapstick machen, der mir Lachtränen zaubert. Ja, es gibt die Frauen, die über sich selbst lachen können mit den täglichen Bemühungen, ihren Alltag perfekter zu machen. Es gibt sie, die Mütter, die zugeben, wie viel Anstrengung so ein Frauenbild kostet. Frauen, die so sein wollen wie sie sind, Frauen die Fehler machen und erschöpft sein dürfen im Dschungel der 1001 Möglichkeiten, ein Mutterdasein zu optimieren.

 

Zum Glück sehe ich bei Instagram kaum etwas über das ideale Oma-Bild. Ab und an hüpfen ein paar schrill bunt gekleidete, weißhaarige Frauen mir verschrumpelnder Haut über den Bildschirm, die verrückte Sache machen, die sie früher nicht wagten. Ich orientiere mich jetzt daran und freue mich, mein Mutter-Leben nicht mehr posten zu müssen.

 

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