Hilfe, bin ich ein Helikopter oder Rasenmäher?

von | 23. August 2024 | Eltern werden, Eltern sein, Miteinander leben, streiten, wachsen

Gibt es überhaupt noch „normale“ Eltern? Ich lese staunend in den Medien immer mehr „Diagnosen“: Helikopter-Mütter, Rasenmäher- und Tigereltern, narzisstische Eltern … dazu warnende Erklärungen, wie negativ sich Verhaltensmuster von Müttern und Vätern auf die Entwicklung von Kindern auswirken. Einerseits gut, dass man heute weiß, was Kinderseelen schadet. Doch können Eltern jetzt überhaupt noch etwas „richtig“ machen? Ich bekomme nachträglich Schuldgefühle beim Lesen dieser Kategorien, obwohl mein Kind schon 43 ist. Und wenn ich die Erziehungs-Muster meiner Tochter und meiner Nachbarn unter folgenden Aspekten betrachte, denke ich gleich: Was soll nur aus den Kindern werden …?

Helikopter-Eltern kontrollieren vor lauter Vorsicht ständig die Aktivitäten ihrer Kinder, neigen dazu, deren Probleme zu lösen, lassen wenig Raum für eigenständige Erfahrungen und Fehler – unter Einsatz von Handy-Ortung sind das sogar Drohnen-Eltern.
– Kinder werden damit verunsichert und können später schwer Verantwortung übernehmen.

Rasenmäher-Eltern räumen alle Hindernisse und Herausforderungen aus dem Weg, bevor ihre Kinder überhaupt darauf stoßen und ebnen den Weg, um dem Kind jeglichen Stress zu ersparen.
– Kinder lernen so nicht, mit Problemen umzugehen, was später im Leben zu erheblichen Anpassungsschwierigkeiten mit fehlender Resilienz führen kann.

Tiger-Eltern haben sehr hohe Erwartungen, sind oft sehr streng und fordern Disziplin, hervorragende Leistungen und akademischen Erfolg.
– Dieser extreme Druck kann bei Kindern zu Angststörungen, Burnout und geringem Selbstwertgefühl führen und den Eigenantrieb hemmen, etwas aus reiner Freude heraus zu tun.

Häufig liest man die Titulierung Narzisstische Eltern – sie stellen eigene Bedürfnisse in den Vordergrund, was zu emotionaler Vernachlässigung der Kinder führen kann, die nur schwer ein gesundes Selbstwertgefühl entwickeln und oft in schädliche Beziehungen geraten.

Selbst Freundschafts-Eltern scheinen eine Gefahr zu sein – weil sie versuchen, beste Freunde ihrer Kinder zu sein und disziplinierende Maßnahmen meiden.
Und was lösen wohl die Kamera-Eltern aus, die stolz jeden Schritt ihrer Kinder auf Instagram teilen?

Du liebe Zeit … wo ist da der Anker im Meer der unperfekten Eltern? Es gibt ihn tatsächlich:

Ankereltern bieten emotionale Unterstützung, sind stabil und zuverlässig, sorgen für ein unterstützendes Umfeld, in dem sich Kinder sicher fühlen.
Klingt ideal. Doch manchmal können nur Großeltern das bieten, denen wird höchsten mal die Neigung angekreidet, ihre Enkel und Enkelinnen zu verwöhnen.

 

 

 

Früher kannte ich nur Rabeneltern und gute Eltern und den Rat eines Psychoanalytikers: Entschuldigen Sie sich auch mal bei Ihren Kindern, geben Sie zu, dass Sie nicht unfehlbar sind. Obwohl ich bis heute Trigger bei mir wahrnehme und bearbeite, die aus dem Umgang meiner Eltern mit mir stammen, mag ich die schlauen Ratgeber zur Kindererziehung nicht mehr. Wer hilft den verunsicherten Eltern, die dadurch unter großen Leistungsdruck kommen? Ein Kurs in Selbstliebe vielleicht, der lehrt, sich trotz der vielen Erziehungsfehler zu mögen. Lange meinte ich, ein Eltern-Führerschein BEVOR man Eltern wird, könnte helfen. Doch Theorie und Praxis sind ja zwei Paar Schuh. Und niemand weiß, wie es sich in Eltern-Mokassins läuft, der nicht durch den Alltag mit Kindern und den eigenen Grenzen gegangen ist. Keine Familie tickt gleich, wir sind so einzigartig wie unsere Kinder. Was von Erwachsenen gut gemeint ist, erlebt ein Kind oft ganz anders. So gibt es aus meiner Sicht auch kein Patentrezept für Eltern. Vielleicht reicht ganz einfach das: Miteinander im Gespräch bleiben und täglich aneinander lernen und wachsen, auch wenn wir nie perfekt werden.

 

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