Falafel zum Sonntagsfrühstück mit der Familie

von | 2. September 2019 | Miteinander leben, streiten, wachsen, Sagen Sie mal…

Lamyaa Ghazal und Hassan Khalaf bilden mit ihren Kindern eine Familie, die in der Nürnberger Stadtgesellschaft vielfältig engagiert ist.
Beide kommen aus Ägypten, zwei Söhne (25 und 22 Jahre alt) studieren, ebenso wie ihre Schwester (24 Jahre alt). Beim vierten Kind dauert es noch ein bisschen bis zur Berufswahl: Der Jüngste kommt im Herbst in die vierte Klasse, und es sieht ganz so aus, als könne auch er danach das Gymnasium besuchen.

„Einmal wurde ich von einer anderen Frau angesprochen“, erzählt Lamyaa, „von einer ehrenamtlichen Dame, die an der Grundschule das gemeinsame Frühstück mit vorbereitet hat. Sie hatte gehört, wie mein kleiner Sohn und ich ein paar Worte auf Ägyptisch wechselten und ermahnte mich, ich müsste Deutsch mit meinem Kind sprechen, das sei sehr wichtig für seine Entwicklung. Wir konnten dann beide lachen, als sie merkte, dass mein Sohn wie auch ich fließend Deutsch sprechen. Seitdem sind wir beste Freundinnen!“

Lamyaa hatte in Ägypten als Hauswirtschaftslehrerin gearbeitet und Englisch sowie Französisch bereits in der Schule gelernt.

In Nürnberg angekommen, sprach sie zunächst kein Wort Deutsch, besuchte aber von Anfang an einen Intensivkurs.
„Den mussten wir damals selber finanzieren,“ berichtet Hassan, “aber es war mir wichtig, dass meine Frau die Sprache des Landes spricht, in dem wir leben“.
Anfangs mußte er sie und die Kinder natürlich überall hin begleiten, um zu dolmetschen: „Aber ich habe mich dann mit Absicht zurückgezogen, zum Beispiel bei Arztbesuchen, damit sie selber Mut findet, zurecht zu kommen.“

Und das hat geklappt!

Heute ist es Lamyaa, die Frauen mit Migrationsgeschichte Orientierung in ihrer neuen Heimat gibt, für andere dolmetscht und immer wieder darauf hinweist, wie wichtig es ist, die deutsche Sprache und den gesellschaftlichen Umgang zu kennen. Lamyaa arbeitet im Flüchtlingshilfebereich. An Montagen, an denen sie eigentlich frei hat, ist sie oft als ehrenamtliche Sprachmittlerin tätig, z.B. für Schulen, die sie anfordern, um bei Elternabenden zu übersetzen.
Mit Mitarbeiterinnen des Bündnisses für Familie hat sie vor drei Jahren Elterngesprächsrunden für neu angekommene Flüchtlingsfamilien eingeführt, bei denen Eltern wichtige Dinge über das deutsche Schul- und Erziehungssystem, über Kinderrechte und Freizeitmöglichkeiten erfahren.

„Ich habe große Achtung davor, was Lamyaa leistet“,

beteuert Hassan. Gut organisiert wechsle sie zwischen Familienarbeit und Berufstätigkeit, bei der die beiden manchen Berührungspunkt haben: Hassan Khalaf koordiniert als hauptberuflicher Ansprechpartner im „Zentrum aktiver Bürger“ das große Team der „Kulturerklärer“. Sie beherrschen Deutsch und mindestens eine andere Sprache flüssig, in der sie ehrenamtlich als Sprachvermittler zur Verfügung stehen – bei Behördengängen, in Kitas oder Schulen.
Sie übersetzen nicht nur Wort für Wort, sondern sind ein wichtiger Brückenbauer zwischen den Kulturen. „Es ist eine Arbeit, die ich sehr gerne mache – sie ist wie ein Hobby, mit dem ich Geld verdiene!“

Ja, die beiden sehen ihre Familie als sehr gut integriert und haben ihre Kinder auch dahingehend erzogen: „Ihr müsst euch gut integrieren, weil wir hier leben. Aber ihr müsst euch auch bewusst sein, dass wir Ausländer sind. Wir kommen aus Ägypten“.
Der Freundeskreis ist deutsch und international, die Nachbarin – sie nennen sie „unsere deutsche Oma“ – bedenkt die Familie mit Kuchengeschenken ebenso wie mit Osternestern für die Kinder.

Kennt die Familie Diskriminierung?

Ab und an gäbe es Situationen, die so empfunden werden – zum Beispiel die unverblümte Frage an Lamyaa: „Es ist doch so warm, warum trägst du ein Kopftuch?“
Aber Hassan sagt auch, er habe hier in Deutschland weniger Angst um seine jungen erwachsenen Kinder, als während Besuchen bei der Familie im Heimatland Ägypten: „Dort bin ich immer in Sorge, wenn meine Tochter außer Haus ist. Hier nicht – es sei denn, es geht darum, dass sie nachts mit der U-Bahn unterwegs ist. Aber das hat nichts mit der Angst vor Ausländerfeindlichkeit zu tun, sondern damit, dass Frauen, auch deutsche Frauen, nachts in der U-Bahn nicht immer sicher sind“.

Lamyaa und Hassan sind stolz auf ihre Kinder, die ihren Lebensweg selbstbewusst gestalten und ihren Eltern gegenüber Verbundenheit und Respekt bewahrt haben. Alle vier leben noch zuhause und gemeinsame Mahlzeiten spielen eine große Rolle.
„Zum Sonntagsfrühstück gibt es Falafel!“ erzählt Lamyaa.

Auch Hassans Leidenschaft für Fußball – er ist Spielervermittler für ägyptische Fußballspieler – hat auf die Kinder abgefärbt. Sogar die Tochter spielte früher gern in der Freizeit mit ihren Brüdern Fußball.
Lamyaa liest viel in ihrer freien Zeit, und dann auch lieber in ihrer Heimatsprache, um dabei besser entspannen zu können: „Aber mit der deutschen Sprache war es nur am Anfang schwierig. Das liegt auch viel daran, dass mich mein Mann darin unterstützt hat, schnell Deutsch zu lernen!“

Die Sprachvermittler von ZAB sind hier im Internet zu finden:
https://www.iska-nuernberg.de/zab/sprachvermittler.html

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Bildnachweis: Doris Reinecke