Die schwierigen Zeiten gehen auch vorbei
Meine Tochter ist acht Jahre alt und seit sechs Jahren leben wir zwei ohne ihren Vater zusammen. Die Schwangerschaft war zwar nicht geplant, aber ihr Vater und ich haben uns trotzdem sehr gefreut. Es war für uns einfach eine schöne Nachricht, dass da ein Kind entsteht. Allerdings hatten wir damals noch keine stabile Partnerschaft aufgebaut und wären ohne unsere Tochter zu dem Zeitpunkt auch nicht zusammengezogen. Aber so haben wir das Experiment gewagt. Nach zwei Jahren haben wir dann gemerkt, dass das Zusammenleben für uns beide nicht so war, wie wir uns das gewünscht hatten. Dadurch, dass die Trennung eine gemeinsame Entscheidung war, können wir heute als Eltern nach wie vor sehr gut kooperieren.
Als meine Tochter ein Jahr alt war, bin ich wieder in den Beruf eingestiegen, in Teilzeit mit 20 Stunden in der Woche. Nach der Trennung habe ich meine Stunden dann nach und nach aufgestockt und arbeite mittlerweile vollzeitnah. Meine Vorgesetzte hat sehr viel Verständnis und sie hat mich sehr unterstützt. Ich konnte meine Tochter auch mal zur Arbeit mitbringen und ich kann meinen Urlaub immer in den Ferien nehmen. Das ist sehr viel wert.
Nach der Trennung bin ich mit meiner Tochter in der gemeinsamen Wohnung geblieben und habe ein Zimmer untervermietet, damit ich das finanzieren konnte. In den ersten Jahren war es vom Geld her nicht so einfach, auch wenn der Unterhalt für das Kind geregelt war. Aber nach und nach wurde es besser.
Schwierig waren für mich die ersten Jahre, als meine Tochter noch klein und häufig mal krank war. Da hing alles an mir alleine, auch wenn ich selber krank war. Und als besonders schwierig habe ich erlebt, dass man jeden Abend alleine zu Hause sitzt, wenn man sich keinen Babysitter leistet. Andere verabreden sich auf ein Feierabendbier oder gehen Essen oder mal ins Theater, da konnte ich nie mit. Also, es gab schon fünf Jahre, die sehr einsam waren.
Ich habe dann eine Mutter-Kind-Kur gemacht. Das sind Angebote, die man unbedingt nutzen sollte. Man zerreibt sich so leicht, weil man es im Beruf allen recht machen und vollumfänglich für das Kind da sein will. Da ist es wichtig, ganz klar Zeiten zu definieren, in denen man etwas für sich macht und sich etwas Gutes gönnt.
Für mich ist es auch wichtig, dass man mit dem Ex-Partner Vereinbarungen trifft, um Freiräume für sich zu haben. Und dass man auch die Familie des Vaters, also die Großeltern, mit einbezieht, und die Beziehung weiter pflegt. Das bringt mir ja wieder Zeit für mich, wenn meine Tochter mal bei ihnen sein kann.
Seit vier Jahren wohne ich in einem der dörflichen Stadtteile von Nürnberg. Dort habe ich ein sehr gutes Beziehungsgeflecht zu anderen Familien aufgebaut, das mir in der Stadt gefehlt hat. Das lief einerseits über den Kindergarten vor Ort und über Freundschaften, die unter den Kindern entstanden. Ich habe mich aber auch für den Elternbeirat aufstellen lassen und mich in der Kirchengemeinde ehrenamtlich engagiert. Dadurch sind ganz schnell Netzwerke entstanden. Diese sozialen Netzwerke vor Ort, in denen man sich gegenseitig unterstützt, sind für mich eine wesentliche Ressource, gerade für Notfälle, die nicht planbar sind. Es tut gut zu wissen, dass da Menschen sind, die mich und meine Tochter bei Bedarf im Alltag unterstützen.
Wichtig ist zu sehen, dass die schwierigen Zeiten vorbeigehen und die Kinder größer und selbständiger werden. Man selber findet wieder mehr Stabilität und auch finanzielle Sicherheit durch mehr Arbeit, und dann wird es nach und nach wieder einfacher. Und manchmal verändern sich auch die Lebensumstände zum Positiven. So habe ich seit einem Jahr wieder einen Partner und auch wenn wir nicht zusammenwohnen weiß ich, dass da jetzt noch jemand ist, der mich und meine Tochter im Notfall unterstützen würde.
Ich habe früher oft damit gehadert, meine Tochter überwiegend alleine großzuziehen. Inzwischen sehe ich auch positive Seiten. Wir sind uns sehr nah, einfach dadurch, dass wir zu zweit vieles bewältigt haben. Und meine Tochter ist sehr selbständig und geht ihren Weg sehr selbstbewusst. Vielleicht liegt es ja auch daran, dass ich für sie ein gutes Vorbild bin.
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