Die Pubertät – Herausforderung und Chance
Morgen werden sie 14, meine Zwillingsenkelinnen. Ich gehe mit einem mulmigen Gefühl zur Feier. Die beiden hatten in letzter Zeit viel „angestellt“, was ihre Eltern fast verzweifeln ließ. Die Zwischenfälle, die mir meine Tochter anvertraut, erschrecken mich – ich fühle mich hilflos, kann nur zuhören und alles was ich dazu sage, wird abgewunken: „ … haben wir schon probiert … die Kinder halten sich an gar nichts mehr“.
Ich bemerke Gedanken bei mir: „Zu meiner Zeit gab es das nicht“. Und: „Werde ich jetzt auch so eine engstirnige Oma?“ Meine hatte sich damals jedoch nur über die „Pilzköpfe“ der Beatles und deren furchtbare „Krachmusik“ aufzuregen – ich selbst war ein „braves“ Mädchen. Was ich von unseren Teenagern erfahre, scheint mir eine ganz andere Dimensionen erreicht zu haben und ich spüre Sorge, dass sie auf „die schiefe Bahn“ geraten könnten.
Wenn ich mein Umfeld beobachte, höre ich viel Stöhnen über die pubertierenden Kinder und Titulierungen wie „mein Chaos-Sohn“ und „die Hormone vernebeln denen das Hirn“. Selbst Eltern mit großer Toleranz und Einfühlung verlieren die Nerven.
Warum fällt es so schwer, die Kinder in der Achterbahnfahrt dieser Entwicklungsphase ernst zu nehmen? Und warum probieren die heutigen Kids scheinbar viel mehr und das viel früher aus. Klar, kommt von den Medien, denke ich gleich. Bei TikTok und Co. gibts ja genug „Anregungen“.
Doch ich habe noch Hoffnung. Seit mich Freundinnen trösten, die mir erzählen, dass sie Ähnliches in der Pubertät ausprobiert haben. Heute sind sie „gestandene“ Frauen, die ihr Leben erfolgreich meistern. Manchmal, klammheimlich, feiere ich sogar stolz den unbezähmbaren Eigensinn meiner Enkelinnen. Ich wünschte, ich hätte selbst etwas davon gehabt, statt angepasst und schüchtern zu sein. Es ist bestimmt gesünder, dass sie ihre Wut offen zeigen und verbal auftrumpfen, was in meiner Zeit für Mädchen verpönt war. Für die Nerven der Eltern ist es eine Strapaze. Mein Onkel nannte seine Tochter früher „unsere Nervensäge“ Heute schmerzt mich das, weil ich weiß, wie solch bewertende Stempel eine Seele bis ins Erwachsenenalter beschweren können.
Ein Buch aus dem Jahr 2020 heißt: „Wenn Nervensägen an unseren Nerven sägen“. Darin verspricht ein Kommunikationsmodell, dass sich damit Konflikte mit Jugendlichen sicher und selbstbewusst lösen lassen, mit viel Wertschätzung und Konsequenz. Klingt wunderbar. Dies beim nächsten Krach mit dem Teenager vom Papier in die Praxis umzusetzen, fällt in Eigenregie meist schwer. Sich professionelle Hilfe zu holen ist oft schambesetzt und kann sich wie Versagen anfühlen.
Doch in den städtischen Beratungsstellen gibt es vielfältige Unterstützung und Entlastung. In Beratungen, Familien-Coachings und Seminaren können Kinder und Eltern wieder Vertrauen gewinnen und Selbstständigkeit genießen lernen:
https://www.jugendinformation-nuernberg.de/erziehungsberatung-und-familienbildung.html
Meine Tochter meint inzwischen, dass es früher auch nicht einfacher mit den Teenagern war. Man konnte sich nur nicht so schnell und rundum über die Aufregungen der Pubertätszeit austauschen wie mit den heutigen Kommunikationsgeräten. Vieles wurde wohl verheimlicht. Sie ist überzeugt: „Die Hauptsache ist der Austausch in der Familie – immer ein offenes Ohr behalten.“
Wie schön wäre es, wenn das Abnabeln in der Teenagerzeit als Abenteuer und Chance erlebt werden könnte, in der man sich ausprobieren und so manche Grenzen sprengen kann. Vielleicht könnten auch Eltern daran Gefallen finden.
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