Die digitale Verantwortung für unsere Kinder

von | 31. Mai 2019 | Eltern werden, Eltern sein, Miteinander leben, streiten, wachsen

Es ist ein ganz normaler Tag in der bunten Welt der sozialen Medien. Auf facebook und Instagram lachen mich die Kinder meiner Freunde und Bekannten an. Die Bilder sind meist gelungen und schön und ich kann den Stolz nachvollziehen, der die Eltern dazu bewegt, ihr bestes Erzeugnis allen zeigen zu wollen. Aber mich überkommt auch bei jedem dieser Bilder ein gruseliges Gefühl. Das Gefühl, dass die Eltern ihrem Kind Stück für Stück etwas wegnehmen: die eigene Entscheidung über ihre digitale Identität.

 

Das Aufwachsen in einer neuen Welt

Ich bin bestimmt kein Purist, was digitale Unsichtbarkeit angeht. Ja, mein facebook-Profil läuft nicht unter meinem echten Namen und ich weiß, welche Aktionen im Netz ich nur durch einen VPN-Tunnel laufen lasse, aber bei meiner Tochter gebe ich mir richtig Mühe. Die Menge an Daten, die gespeichert wird und die nur noch sehr schwer zu entfernen ist, ist enorm. Google und andere Unternehmen arbeiten an Algorithmen, die minütlich mit tausenden von Bildern trainiert werden, Gesichter zu erkennen und zu klassifizieren. Das zentrale technische Verfahren heißt maschinelles Lernen, genauer deep learning. Mit dieser Technik kann facebook die Personen auf Bildern, die gepostet werden, selbstständig erkennen und verlinken. Inzwischen mit 97 prozentiger Genauigkeit. Der Schritt zu einem biometrischen Profil, das alleine durch die von Eltern geposteten Bilder erstellt werden kann, ist kein großer. Obendrein gibt es dazu dann noch den Namen, den Nachnamen über das Profil des Elternteils und den Wohnort.

Auch wenn es euch bei euren eigenen Profilen nicht wichtig sein sollte – euer Kind hat das Recht darauf, sich zu entscheiden, wie es sich im Netz verhalten will, wenn es groß genug für diese Entscheidung ist. Bitte nehmt ihm diese nicht ab!

Würde, auch für die Kleinsten

Was ich zum Glück nicht in meinem direkten Freundeskreis erlebe, sondern nur indirekt zu sehen bekomme, sind Bilder und Videos, die noch einen Schritt weitergehen. Entwürdigende Momente, zur Belustigung aller öffentlich gemacht. Da wird sich eingenässt, da wird festgehalten, wie elendig geheult wird und alle hauen die Smileys raus als würde morgen die Emoji-Tastatur verboten werden. Während des Schreibens dieses Eintrags bin ich auf eine Seite gestoßen, die meine Haltung dazu sehr gut trifft: www.deinkindauchnicht.org

Mit prominenter Unterstützung von Wilson G. Ochsenknecht stellen Erwachsene die oben beschriebenen peinlichen Momente nach und klagen an, dass kein Erwachsener mit klarem Verstand solche Bilder von sich veröffentlicht sehen möchte. Paart man diese Vorstellung noch mit mangelnden Privatsphäreeinstellungen auf dem Elternprofil, ergibt das eine Kombination, die dem Kind auch viele Jahre später noch sehr unangenehme Momente bescheren kann.

 

Ein Weg für den Alltag

Ich verhalte mich bestimmt auch nicht komplett perfekt. Bilder und Videos schicke ich den Großeltern über WhatsApp oder per Mail. Auch da gibt es Angriffspunkte. Aber ich glaube, ich habe eine gute Balance zwischen digitaler Übergriffigkeit meinem Kind gegenüber und unpraktikabler Paranoia gefunden.

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Bildnachweis: Wolfgang Riedl