»Des könnt’ ich ned« – wie wichtig Kinderhospizarbeit ist
Ich habe mich an einem sonnigen Tag mit Cornelia Grötsch vom Ambulanten Kinderhospizdienst zu einem Gespräch verabredet. In der Vorbereitung darauf dachte ich, schon viel über das Thema gelernt zu haben, aber alle Vorurteile schwirren mir doch durch den Kopf. Ich werde einen Todesengel treffen, sie wird mir von Einrichtungen voller sterbender Kinder erzählen und danach wird es mir fürchterlich schlecht gehen. Wie viele denke ich mir: »Des könnt’ ich ned«.
Cornelia braucht keine fünf Minuten, um mir meine Angst zu nehmen. Die gelernte Kinderkrankenschwester mit Palliative Care-Ausbildung ist eine der drei Hauptamtlichen im Team. Sie kümmert sich zu einem großen Teil um organisatorische Dinge. Behördengänge, Teamorganisation, Erstkontakt mit den Familien.
Moment. Das Hospizteam ist nicht wie in meiner Vorstellung nur dafür da, krebskranken Kindern schmerzlindernde Medikamente in den letzten Tagen zu geben? Nein, komplett falsch. Das Hospizteam ist für ausschließlich andere Dinge da, also ganz von vorn:
Es dreht sich, so viel ist richtig, um lebensverkürzend erkrankte Kinder. Diesen Begriff habe ich ganz frisch gelernt. Ein verschwindend kleiner Anteil dieser haben Krebs. Tatsächlich leiden von den 33 vom Team betreuten Kinder keine drei unter der gleichen Erkrankung. Viele Herz- und Muskelleiden sind dabei. Viele Krankheiten, die so selten sind, dass sie kaum erforscht sind. Und: es dreht sich bei der Betreuung ausgesprochen selten um wenige Tage. Im Schnitt werden das Kind und sein Umfeld vier Jahre begleitet, die längste Begleitung ging zwölf Jahre lang.
Begleitung und die »Goldstücke«
Begleitung ist auch genau das, was der Kinderhospizdienst (übrigens als Kassenleistung!) bietet. Alles an Pflege übernehmen anderen Stellen. On top gibt es vieles, das dringend notwendig ist, aber keinen medizinischen Kontext hat. Von der Geschwisterarbeit bis zur Trauerbegleitung nach dem Tod. Es wird aber auch, und das ist zentral und wichtig, gespielt, geblödelt oder einfach nur betreut und den Eltern der Rücken freigehalten.
Bei so vielen betreuten Kindern und nur drei Hauptamtlichen ist es keine Überraschung, dass es weitere Menschen geben muss, die diese Aufgaben übernehmen. Cornelia nennt sie ihre »Goldstücke«. Diese arbeiten allesamt ehrenamtlich, haben zunächst eine generelle Hospizbegleiter*innen-Ausbildung abgeschlossen und sich dann in einem weiteren Kurs für Kinderhospizarbeit qualifiziert. Ohne sie würde nichts gehen. In Runden mit allen Stellen, die für das Kind eine Rolle spielen (Familie, manchmal Schule, Ergotherapie, Pflege) wird herausgefunden, wo am meisten geholfen werden kann. Die Goldstücke helfen dann an genau diesen Stellen und schaffen unbeschwerte Momente, in denen oft das erste Mal seit langem wieder gelacht wird.
Stigma überwinden, Kontakt aufnehmen
Cornelia arbeitet so bewundernswert leidenschaftlich daran, dem Wort »Hospiz« seinen Schrecken zu nehmen und würde sich wünschen, dass Betroffene ihren Dienst schon viel früher nutzen würden. Ab dem Moment der Diagnose ist dies nämlich möglich. Bis dieses Stigma aber überwunden ist, trauen sich Eltern oft nicht, den Kontakt aufzunehmen. Hospiz und Tod sind für viele noch synonym. Cornelia muss lachen, als sie sagt: »Alle müssen die Angst vor diesem Wort verlieren. Wir machen das Kind nicht kränker als es ist.« Manche Eltern lernen erst bei stationären Aufenthalten ihres Kindes und dem dadurch entstehenden Netzwerk von den Chancen, die ihnen Hospizarbeit eröffnet. Solltet Ihr eine betroffene Familie kennen, könnt Ihr gerne anbieten, den Erstkontakt für sie zu übernehmen oder ihre Kontaktdaten dem Hospizteam zukommen zu lassen. Denn auch das gehört zu Cornelias Aufgaben. Und nach dem Erstkontakt geht alles schon viel leichter. Mein Tag ist entgegen meiner Erwartung sonnig geblieben, Cornelia hat ihn nicht verdunkelt, sondern hat ganz im Gegenteil meine Laune gesteigert. Die Hospizarbeit leistet so viel Gutes. Zuletzt hat sie es sogar noch geschafft, mir meine Angst vor den stationären Einrichtungen zu nehmen. Denn diese werden oft dafür genutzt, dass die Eltern Urlaub machen dürfen. 28 Tage im Jahr haben diese Anspruch darauf.
Öffentlichkeitsarbeit und Unterstützung
Die Arbeit in der Öffentlichkeit spielt selbstredend bei all dem auch eine große Rolle. Am 10. Februar findet jährlich der bundesweite Kinderhospiztag statt. Unter anderem an der Lorenzkirche wurde in diesem Jahr auf das Thema aufmerksam gemacht. Die Politik hat verstanden, dass dieses Thema wichtig ist. Bedarf für Unterstützung besteht aber auch finanziell. Die Betreuung wird zwar von der Kasse übernommen, doch es haben viele Kinder Wünsche, die nur mit Spenden zu stemmen sind: Sonderausstattungen von Rollstühlen, Umbauten von Autos oder der Besuch einer Veranstaltung in einer anderen Stadt.
Der ambulanten Kinderhospizarbeit könnt Ihr hier spenden:
IBAN: DE44 7605 0101 0006 6099 86
Sparkasse Nürnberg
BIC: SSKNDE77XXX
Weitere Informationen gibt es unter: http://www.hospiz-team.de
Bildnachweis: Hospiz-Team Nürnberg e.V.
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