Was macht Alleinerziehende stark?
Karin Mack leitet die Evangelische Fachstelle Alleinerziehende im eckstein und schildert ihren Blick auf Männer und Frauen, die mit ihren Kindern alleine leben.
Was macht Alleinerziehende stark? Was hilft ihnen in ihrem Lebensalltag?
Alleinerziehende haben viele Stärken. Dadurch, dass sie die meisten Entscheidungen allein treffen müssen, allein den Haushalt, den Job, die Begleitung der Kinder stemmen müssen, entwickeln sie ein großes Organisationstalent. Alleinerziehende pflegen oft gute Netzwerke, das hilft enorm im Alltag. Diese „Familienkompetenzen“, die erworben werden im Allein-Leben mit Kind, werden in manchen Studien als echte Managerqualitäten beschrieben. Gerade Alleinerziehende, die eine Ausbildung machen, werden oft gelobt für ihr Verantwortungsbewusstsein, ihr Organisationstalent, ihr Zeitmanagement, … Deshalb kann man Arbeitgeber nur ermutigen, alleinerziehende Mütter und Väter in Ausbildung zu nehmen, beziehungsweise einzustellen.
Wo aber benötigen Alleinerziehende Deiner Erfahrung nach Unterstützung?
Es gibt bei Alleinerziehenden eine große Leistungsbereitschaft. Damit das mit Ausbildung oder Beruf funktioniert, brauchen sie aber die Sicherheit, dass ihre Kinder gut betreut sind. Alleinerziehende benötigen eine Kinderbetreuung, die flexibel und unkompliziert ist, und Arbeitgeber, die ihnen ebenfalls eine gewisse Flexibilität zugestehen – das wird, je älter die Kinder werden, meist immer weniger erforderlich und dann haben Arbeitgeber super Arbeitskräfte.
Eine Stärke von Alleinerziehenden – und gleichzeitig eine gewisse Schwäche – ist, dass sie für die Kinder oft bis an ihre Grenzen gehen und erst wieder lernen müssen, mehr auf sich zu achten. Es braucht in krisenhaften Zeiten eine gute Begleitung durch Formulardschungel, Konflikte und finanzielle Engpässe.
Was das Leben für manche Alleinerziehende sehr entspannen würde, wären Familienleistungen, die sich an den Menschen orientieren, die wenig verdienen, sowie eine Steuerentlastung für die Haushalte, in denen Kinder leben. Das würde viel finanziellen Druck rausnehmen. Das Geld kommt unmittelbar den Kindern zugute.
Wobei kann die Fachstelle Alleinerziehende unterstützen?
Ein Schwerpunkt ist die Beratung, zum Beispiel in einer akuten oder im Raum stehenden Trennungssituation, bei Belastungen im Alltag und zu Umgangsregelungen mit dem Kind. Als Zweites bieten wir Veranstaltungen mit unterschiedlichen Inhalten an – von juristischen Informationen bis zum entspannten Samstagsbrunch. Wir fahren auch gemeinsam ein Wochenende weg. Um die Netzwerke von Alleinerziehenden zu unterstützen, dient unser dritter Schwerpunkt – offene Treffpunkte, an denen man Mütter und Väter trifft, die einen einfach sofort verstehen, weil sie in derselben Lebenssituation sind. Unser vierter Schwerpunkt ist die Arbeit mit Verwitweten, die alleinerziehend geworden sind durch den Tod des Partners oder der Partnerin.
Zu Euch kommen auch alleinerziehende Väter?
Wir haben durchaus Väter in der Beratung, auch in Trennungssituationen, aber die allermeisten alleinerziehenden Väter haben eher ältere Kinder, bei denen manche Probleme, z.B. mit der Kinderbetreuung, nicht ganz so groß sind. Es kommen auch verwitwete Väter, die ihr Leben komplett umkrempeln müssen, weil die Partnerin gestorben ist. Sie kämpfen mit der Trauer genauso wie mit der Bewältigung des Alltags. Wir bieten außerdem eine Gesprächsgruppe für Väter nach Trennung an. Das sind meist Väter, bei denen die Kinder nicht leben. Außerdem gibt es eine Gruppe für getrennte Mütter, deren Kinder wiederum beim Vater leben.
Die Herausforderungen für getrennte Eltern sind in vielen Fällen ähnlich denen von Eltern in Paarfamilien: Kindererziehung, Job, Haushalt und eigene Freizeit auf die Reihe zu kriegen. Für sie kommt hinzu, dies meist allein schaffen zu müssen. Das ist es, was so „mürbe“ macht. Wenn dann eine schwierige finanzielle Situation oder Konflikte mit dem/der Ex-Partner*in dazukommt, geht es schnell an die persönlichen Kräfte. Was Alleinerziehende schaffen, sollte meiner Meinung nach mehr Anerkennung erhalten. Deshalb spreche ich auch gern von den Stärken Alleinerziehender, nicht nur über die Problemlagen, zum Beispiel, dass so viele im SGB II – Bezug sind. Die Lebensleistung trotz schwieriger Rahmenbedingungen – die sollte viel deutlicher herausgestellt werden!
Evangelische Fachstelle Alleinerziehende, Haus eckstein, Burgstr.1-3, Nürnberg, Telefon 0911 214 – 2100 https://www.alleinerziehende-nuernberg.de
Weitere Infos für Alleinerziehende:
https://www.nuernberg.de/internet/buendnis_fuer_familie/familienleben.html
https://www.nuernberg.de/internet/jugendamt/alleinerziehende.html
Bildnachweis: Foto Doris Reinecke, Rawpixel, Fachstelle Alleinerziehende
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