Warum spielst Du?
Vergangenes Wochenende waren wir im Spielzeugmuseum Nürnberg an der Karlstraße. Der Anblick des Spielzeugs der 90er Jahre versetzte uns sofort in schwelgerische Nostalgie.
Wir schlenderten gemütlich durch die drei Stockwerke des Museums. Für unseren Sohn Ludwig spielt es keine Rolle, ob die Spielwaren aus den 50er, 60er oder 80er Jahren stammen. Für meine Frau und mich aber ist es eine Reise durch die Vergangenheit und auch durch unsere Kindheit. Manches erkennen wir sofort wieder, manches schien vergessen und taucht nur langsam in der Erinnerung auf. Wir spielten damals oft Sagaland, das ist ein Brettspiel ohne Knöpfe und Strom. Und wir hatten eine Treppenspirale. Das gibt es heute auch noch, aber nicht mit demselben Stellenwert wie vor der Jahrtausendwende. Vieles wurde seitdem digitaler. Zu diesem Thema gibt es im Erdgeschoss des Museums aktuell eine Ausstellung. Man kann dort zum Beispiel einen GameBoy ausprobieren.
Das Spielzeugmuseum Nürnberg bietet diese Ausstellung mit dem Titel Nürnberg hat das Zeug zum Spielen! noch bis Juni 2019 an.
Im Fokus steht die Frage: „Warum spielst du?“. Ich möchte ihr ein bisschen nachgehen, denn es ist spannend, womit Kinder heute spielen, womit wir gespielt haben und womit man ganz früher, noch vor der Zeit meiner Großeltern, gespielt hat. Das Museum beherbergt einige Ausstellungsstücke, die so imposant sind, dass es schon fast keine Spielzeuge mehr sind. Ich möchte einige nennenswerte Beispiele herausgreifen:
Ein zwei Meter großes Karussell, samt Pferden, Flugmaschinen und Fahrgästen. Es ist eine liebevolle Nachbildung des Karussells auf der Fürther Kirchweih. „Warum spielst Du mit dem Karussell?“ Es steht auf der Infotafel: Eine Großmutter hatte es in Sonderauftrag gegeben, um ihren Enkeln eine Freude zu machen.
In der Puppenausstellung gibt es noch eine beeindruckende Sonderanfertigung:
Eine Spielküche, groß wie ein halber Tennisplatz. Sie stammt aus einer Zeit, in der die Geschlechterrollen noch ganz klassisch verteilt waren. Heute ist das zum Glück nicht mehr so. „Warum spielst Du mit der Küche?“
Sie stammt aus dem Jahr 1900. Von der Infotafel erfahren wir: damals waren solche „Spielküchen“ dazu vorgesehen, Mädchen auf ihre spätere Rolle als Hausfrau vorzubereiten. Wir sind froh, dass derartige Auffassungen der Geschichte angehören. Trotzdem ist diese Spielküche wirklich sehr kunstvoll gemacht und die Handwerkskunst bemerkenswert. Mehrere Generationen von Mädchen nutzten sie.
Ein drittes Mal möchte ich noch fragen: „Warum spielst du?“ Diesmal mit, besser: bei einem Riesenrad. Es handelt sich um ein 1 Meter großes Ausstellungsstück aus Metall. Dieselben inzwischen überholten Auffassungen über die Rollenverteilung machen sich auch hier noch bemerkbar. Dieses Spielzeug aus den 50er Jahren wird aus Metall zusammengebaut, aus Schienen, Schrauben und Muttern. Es sollte Jungen den Umgang mit Werkzeug beibringen. Auch hier aber bemerkten wir, wie robust und langlebig das Metallspielzeug ist.
Der aufmerksame Streifzug durch das Museum hat uns gezeigt:
Es hat sich auf jeden Fall einiges in der Spielzeugbranche getan. Hinsichtlich der Geschlechter-Fragen gibt es genügend Kritik, mit der wir uns noch auseinandersetzen müssen. Abgesehen davon hat das Spielzeug von früher aber auch gewisse Vorteile. Meine Frau und ich vermissen in unserer Erfahrung die angesprochene Langlebigkeit und Wertschätzung.
Unser Sohn wurde gerade vier Jahre, und sein Geschenketisch war so voll, dass wir schon fast nicht mehr wissen wohin mit dem Spielzeug. Er selbst kennt gar nicht alles, was er besitzt.
Stelle ich hier die Frage: „Warum spielst du?“ Dann könnte eine Antwort sein: Eigentlich nur um zu sammeln. Oder noch schlimmer: Zu horten. Ich habe freilich nichts gegen Sammeln. Aber zwischen Sammeln und Überfluss gibt es einen Unterschied.
Der Gang durch das Museum jedenfalls hat uns zum Nachdenken über das eigene Konsumverhalten angeregt. Gleichzeitig konnten wir überholte gesellschaftliche Strukturen identifizieren sowie eindrucksvolle Handwerkskunst bewundern. Es gibt aber noch viel, viel mehr zu entdecken, ein Besuch lohnt sich auf alle Fälle. Gerade auch mit Kindern.
Wer die Reise durch die Geschichte der Spielzeuge von unten nach oben antritt, findet ein nett eingerichtetes Spielzimmer. Nach der anstrengenden Exkursion können Kinder dort noch etwas spielen. Die Erwachsenen dürfen sich auf der Couch ausruhen – oder mitmachen!
Auf der Homepage des Spielzeugmuseums findet man regelmäßig Mitmachangebote für die ganze Familie, für Kinder, Schulklassen und Kindergeburtstage:
https://museen.nuernberg.de/spielzeugmuseum/angebote/angebote-fuer-familien/
https://museen.nuernberg.de/spielzeugmuseum/kalender-details/zeug-zum-spielen-1601/
Bildnachweis: Ph Leupold
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