Neues vom Pflegestützpunkt und zur Unterstützung pflegender Angehöriger

von | 15. Juni 2020 | Miteinander leben, streiten, wachsen, Sagen Sie mal…

„Seit Anfang Juni können Angehörige wieder zur persönlichen Beratung zu uns kommen!“ freut sich Christel Krumwiede, die Leiterin des Nürnberger Pflegestützpunktes am Hans-Sachs-Platz. „Aber manches läuft natürlich anders als vor der Coronakrise: Telefonische Voranmeldung ist erforderlich und wir sondieren am Telefon, ob ein Besuch in unseren Räumen überhaupt erforderlich ist.

Es dürfen nur Einzelpersonen kommen und wir arbeiten, wie viele Einrichtungen, nach einem Hygienekonzept: Das heißt zum Beispiel, dass wir hinter einer Plexiglasscheibe beraten und ein Mindestabstand gewahrt werden muss. Dass Ratsuchende ihre Kontaktdaten hinterlegen müssen und Desinfektionsmittel bereitstehen. Ganz wichtig: Wer kommt, darf keine Krankheitssymptome aufweisen!“


In den Monaten zuvor war der Pflegestützpunkt nur telefonisch erreichbar

Christel Krumwiede berichtet, dass die Anfragen bis Mitte Mai tatsächlich um 50 Prozent zurückgegangen waren: „Aber diejenigen, die sich an uns wandten, trugen vielfach sehr komplexe Problemlagen an uns heran, die einer intensiven Begleitung bedurften. Wir sind gespannt, wie unsere Erfahrungen mit persönlicher Beratung unter neuen Rahmenbedingungen sind, denn wichtig ist uns einfach, dass niemand in Nürnberg mit seinen Problemen verloren geht!“

Warum dieser Rückgang an Anfragen zu Zeiten des sogenannten Lockdowns?

Zum einen, meint Christel Krumwiede, hätten manche Familien da gerade wichtigeres zu erledigen gehabt, als sich nach möglicher Finanzierung von Hilfen für Pflegebedürftige zu erkundigen.
„Dann beobachten wir aber auch, dass Familien näher zusammenrücken und Angehörige mehr Pflegeaufgaben übernehmen. Es mag damit zusammenhängen, dass Viele in Kurzarbeit sind oder aus sonstigen Gründen mehr Zeit hatten, sich um Pflegebedürftige zu kümmern. Das ist an sich etwas sehr Schönes, diese Solidarität innerhalb der Familie.
Andererseits ist es sicher so, dass aktuell auch klassische Rollenbilder wieder stärker zum Tragen kommen und Frauen eher „einspringen“, bevor Hilfsangebote außerhalb der Familie angenommen werden.“

„Manche Familien haben auch die Sorge, Außenstehende – zum Beispiel von einem Pflegedienst – ins Haus zu lassen und dadurch die Ansteckungsgefahr zu vergrößern. Wir spüren auch die Angst, ein Krankenhaus aufzusuchen und müssen im Einzelfall schon mal ernsthaft zuraten, dass ein alter Mensch nach einem Sturz dort vorgestellt wird.“

Als erfreulich sieht es Christel Krumwiede an, dass Tagespflegeeinrichtungen schrittweise wieder öffnen und Notgruppen anbieten, die ebenfalls bestimmte Hygienemaßnahmen beachten.
Ambulante Pflegedienste in Nürnberg hätten aktuell durchaus Kapazitäten, um neue Fälle anzunehmen.

„Grundsätzlich nehme ich wahr, dass auch Beratungs- und Unterstützungsdienste in dieser Zeit stärker zusammenrücken und ihre Zusammenarbeit intensivieren,“ berichtet Christel Krumwiede.

Sie weist abschließend auf einige gesetzliche Neuerungen hin, die Familien zugutekommen und die wir im Folgenden auflisten:

Für pflegende Angehörige wird die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf bis Ende September 2020 vereinfacht: Angehörige, die Pflegebedürftige in der Corona-Krise zu Hause betreuen und zugleich erwerbstätig sind, sollen so besser unterstützt werden. Die notwendigen gesetzlichen Anpassungen hat der Deutsche Bundestag am 14.05.20 verabschiedet. Hier der Link zum Gesetzentwurf: http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP19/2618/261888.html

Im Einzelnen heißt das:

1. Bessere Unterstützung zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf in einer akuten Pflegesituation

a) Pflegeunterstützungsgeld
Bisher erhalten Beschäftigte für bis zu 10 Arbeitstage Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatzleistung, wenn sie vor einer akuten Pflegesituation stehen, in der sie die Pflege sicherstellen oder organisieren müssen. Die Neuregelung sieht einen vereinfachten Zugang zum Pflegeunterstützungsgeld vor. Es wird bis zum 30. September 2020 auch gewährt, wenn ein Engpass in der pflegerischen Versorgung entstanden ist, den die Angehörigen im Zuge der COVID-19-Pandemie nur selbst auffangen können. Bis zum 30. September 2020 sollen Beschäftigte darüber hinaus die Möglichkeit erhalten, das Pflegeunterstützungsgeld insgesamt für bis zu 20 Arbeitstage in Anspruch zu nehmen. Bereits genutzte Tage mit Pflegeunterstützungsgeld werden angerechnet.

b) Kurzzeitige Arbeitsverhinderung
Bisher haben Beschäftigte in einer akut auftretenden Pflegesituation die Möglichkeit, bis zu 10 Arbeitstage von der Arbeit fernzubleiben. Die Neuregelung sieht eine Inanspruchnahme von bis zu 20 Tagen vor. Voraussetzung ist, dass eine pandemiebedingte akute Pflegesituation besteht, die bewältigt werden muss. So wird pflegenden Angehörigen mehr Zeit eingeräumt, um die Pflege zu Hause sicherzustellen oder neu zu organisieren, wenn z. B. wegen der COVID-19-Pandemie Tagespflegeeinrichtungen geschlossen wurden oder ambulante Pflegedienste nicht mehr in dem gewohnten Umfang arbeiten. Die Regelung ist bis 30. September 2020 befristet.

2. Flexibilisierungen bei Familienpflegezeit und Pflegezeit für Beschäftigte, die gleichzeitig Pflegeaufgaben übernehmen, werden befristet bis zum 30. September 2020 die Möglichkeit erhalten, mit Zustimmung des Arbeitgebers Familienpflegezeit und Pflegezeit flexibler zu nutzen.
Wer den gesetzlichen Rahmen für die Auszeiten (6 Monate Pflegezeit, 24 Monate Familienpflegezeit) bisher nicht ausgeschöpft hat, soll kurzfristig Restzeiten der Freistellungen in Anspruch nehmen können, sofern sie die Gesamtdauer von 24 Monaten nicht überschreiten. Die Ankündigungsfrist gegenüber dem Arbeitgeber wird bei der Familienpflegezeit vorübergehend nur 10 Tage (statt 8 Wochen) betragen. Die Mindestarbeitszeit der Familienpflegezeit von 15 Wochenstunden kann vorübergehend unterschritten werden. Die Ankündigung in Textform genügt. Auch wird der unmittelbare Anschluss zwischen Pflegezeit und Familienpflegezeit befristet entfallen.

3. Berücksichtigung von Einkommenseinbußen bei der finanziellen Förderung durch zinslose Darlehen nach dem Familienpflegezeitgesetz
Auch das Darlehen nach dem Familienpflegezeitgesetz wird den aktuellen Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt angepasst. Monate mit pandemiebedingten Einkommensausfällen können bei der Ermittlung der Darlehenshöhe auf Antrag unberücksichtigt bleiben. Die Rückzahlung der Darlehen wird für die Betroffenen im Verwaltungsverfahren erleichtert.


Der Pflegestützpunkt ist erreichbar unter Telefon 0911 5398953
https://pflegestuetzpunkt.nuernberg.de/

Aktuelle Informationen zum Coronavirus finden Sie unter:
https://www.nuernberg.de/internet/stadtportal/coronavirus.html

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Bildnachweis: Doris Reinecke, Stadt Nürnberg