Flüchtlingsfamilien in der Corona-Krise – Beispiele für aktuelle Probleme und Unterstützungsmöglichkeiten

von | 25. Mai 2020 | Sagen Sie mal…

Während die Corona-Krise zu größerer Distanz zwischen Mitmenschen führt, ist man den Personen, die im gleichen Haushalt wohnen, so nah wie nie. Insbesondere Familien stellt die derzeitige Lage durch Homeschooling und den Wegfall von Kita-Betreuung vor neue Herausforderungen.
 
Doch welche Situation ergibt sich durch die Corona-Krise für Familien in Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete?
 
„Es besteht zurzeit definitiv mehr Beratungsbedarf“, erzählen Mitarbeitende der freien Träger, welche für die Sozialberatung und -betreuung der Bewohner und Bewohnerinnen in den Unterkünften zuständig sind. Kontakt besteht derzeit vor allem telefonisch und per Mail, da aktuell ein Betretungs- und Besuchsverbot in den Unterkünften gilt. Der Kontakt klappt auf diese Weise mehrheitlich gut und mit vielen Bewohnerinnen und Bewohnern besteht regelmäßiger Austausch – auch mal über Dritte. „Wenn die Deutschkenntnisse nicht so gut sind, erschwert das natürlich das Telefonat. Im persönlichen Gespräch kann vieles leichter geklärt werden. Manche trauen sich wegen geringer Deutschkenntnisse auch nicht anzurufen. Prinzipiell haben wir aber den Eindruck, dass sich die Bewohner bei wichtigen Themen auch an uns wenden, selbst wenn die Deutschkenntnisse eher gering sind“, so ein Sozialdienstmitarbeiter.
 
Die Situation von Familien in den Unterkünften sehen Sozialdienste und Ehrenamtliche kritisch. Die Wohnverhältnisse erschweren die Einhaltung der Abstandsregelung. Die Gemeinschaftsunterkünfte, in denen Flüchtlingsfamilien untergebracht sind, sind unterschiedlich ausgestattet. Teils verfügen sie über ein Zimmer mit eigener Küchenzeile und Bad, teils gibt es Gemeinschaftsküchen und -bäder, die mit den anderen Bewohnerinnen und Bewohnern geteilt werden müssen.
 
„Die Familien sitzen sehr eng aufeinander. Den Kindern fehlen die Angebote – der Hort, Sportverein, Jugendtreff oder auch einfach das Treffen mit Freunden. Die Decke fällt den Familien da schon auf den Kopf“, beschreibt eine Sozialdienstmitarbeiterin. „Die Kinder leiden psychisch sehr unter den Beschränkungen“, schildert ein Mitarbeiter eines anderen Sozialdienstes seinen Eindruck. „Ich befürchte, dass man die tatsächlichen Auswirkungen auf die Entwicklung erst dann sehen wird, wenn der Alltag wieder einkehrt.“
 
Besonders wichtig sind daher auch die vielen Ehrenamtlichen, die, soweit möglich, per Telefon und durch Videogespräche Kontakt zu den Bewohnerinnen und Bewohnern halten und diese unterstützen. Treffen außerhalb der Unterkünfte sind unter Berücksichtigung der Abstandsregelungen möglich und werden auch vielfach genutzt.
 
Als großes Problem wird auch das Homeschooling beschrieben – insbesondere aufgrund der fehlenden digitalen Ausstattung.
Eltern mit geringen Deutschkenntnissen können ihre Kinder bei den Aufgaben nicht unterstützen. Ehrenamtliche versuchen oft telefonisch weiterzuhelfen. Das gestaltet sich natürlich herausfordernd, aber hält kein Engagement ab (s. Links unten).
 
Zudem haben die allermeisten Familien keinen Laptop und Drucker. „Auf dem Smartphone können die Aufgaben natürlich nicht bearbeitet werden. Und selbst, wenn es einen Laptop gibt, ist es für größere Familien schwierig, schließlich haben alle Kinder Schulaufgaben zu erledigen“, sagt eine Sozialdienstmitarbeiterin.
 
Auch der Internetzugang ist je nach Unterkunft unterschiedlich. Betreiber sind nicht verpflichtet WLAN zur Verfügung zu stellen. Selbst bei bestehendem WLAN ist der Empfang nicht in allen Zimmern gut und oft ist es teurer als die Prepaid-Angebote auf dem Markt. In staatlichen Unterkünften gibt es generell kein WLAN. Lehrer schicken die Unterrichtsmaterialien daher per Post oder lassen die Materialien in der Schule abholen.
 
„Gerade für Schülerinnen und Schüler in höheren Klassen ist es aber sehr problematisch, wenn sie die vielen hilfreichen Online-Angebote nicht nutzen können. Auch das Lernen in der Bibliothek ist derzeit ja nicht möglich“, erzählt eine Ehrenamtliche. „In der Beratung merkt man, dass einige Personen Zukunftsängste haben. Eine Person steht zum Beispiel vor ihrem Quali-Abschluss, hat auch bereits einen Ausbildungsplatz in Aussicht und große Träume – jetzt fragt man sich natürlich wie es weitergeht. Man bekommt ja mit, dass anderen Bewohnern wegen Corona gekündigt wurde oder diese in Kurzarbeit geschickt wurden“, berichtet ein Sozialdienstmitarbeiter.
 
Trotz der schwierigen Lage gibt es auch sehr schöne Erlebnisse. Da gibt es Jugendliche, die für ihre älteren Mitbewohner in der Unterkunft das Einkaufen übernehmen und Nachbarn, die den Bewohnern ihre Hilfe anbieten. In mehreren Unterkünften wirken Ehrenamtliche und Bewohner auch zusammen, um alle Bewohner mit selbstgenähten Community-Masken zu versorgen. „Der Zusammenhalt ist groß“, so eine Sozialdienstmitarbeiterin. Auch die Corona-Hilfe-Hotline und die Facebook-Gruppe des Teams „Nürnberg engagiert“ der Stadt Nürnberg verzeichnet seit Beginn mehr Meldungen von Helfenden als Hilfesuchenden.
 
 
Hilfreiche Links:
 
• aktuelle Infos zur Corona-Krise: https://www.nuernberg.de/internet/stadtportal/coronavirus.html
 INTEGREAT (digitale, mehrsprachige Integrations-Plattform; als Webversion und App für Smartphones verfügbar; u.a. mit Infos zu Corona): https://integreat.app/nuernberg/de
• Corona-Hilfe-Hotline: Telefon: 0911 2312344 (Mo bis So 10-18 Uhr);
https://www.nuernberg.de/internet/nuernberg_engagiert/corona.html#5
• Telefonhotline bei Fragen zu Corona (Degrin e.V.): Tel. 0911 5683630
Di 10-13 Uhr auf Deutsch, Englisch, Türkisch, Do 10-13 Uhr auf Deutsch, Kurdisch, Arabisch; http://www.degrin.de/
• BRK: Telefonische Beratung/ Onlineberatung für Familien: Tel. 0911 5301280
Montag bis Donnerstag von 9:00 bis 13:00;  familienzentrum@kvnuernberg-stadt.brk.de
• Johanniter-Zuhörtelefon (Johanniter-Unfallhilfe e.V.): Tel. 0800 0300700 täglich von 9-19 Uhr;
https://www.johanniter.de/die-johanniter/johanniter-unfall-hilfe/landingpages/johanniter-zuhoer-telefon/?pk_campaign=johanniter_de_startseite&pk_kwd=zuhoer-telefon&cHash=08fb31f9a4d21c99b4306798a1d98e3d
• Erziehungs- und Familienberatung der Stadt Nürnberg: https://www.nuernberg.de/internet/jugendamt/erziehungsberatung.html
• Beratungsangebot für Schülerinnen und Schüler im Übergang Schule-Beruf: https://uebergangsmanagement.nuernberg.de/datenbank.html
• Liste mit kostenlosen Online-Sprachangebote: https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Integration/Integrationskurse/online-sprachangebote.pdf?__blob=publicationFile&v=4
• Verschiedene Sprachlernangebote der NOA (Sprachcafé, LeMi) jetzt digital: https://www.noa-nuernberg.de
• Sprachtandems/ Kontakte: https://www.start-with-a-friend.de/ und https://www.we-integrate.de/we-integrate-e-v/aktuelles-termine/
• Unterstützung beim Homeschooling: Kontakt durch Ilona Christl (Ehrenamtskoordinatorin der AWO Nürnberg): Mail: Ilona.Christl@awo-nbg.de ; Telefon: 0911 45060172

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