Ein Netzwerk ist für Alleinerziehende ganz, ganz wichtig
Meine Tochter wurde 2000 geboren, da war ich 36 Jahre alt. Ich war in einer offenen Beziehung mit einem afrikanischen Partner und mir war klar, dass er sich wohl eher gegen ein gemeinsames Familienleben entscheiden würde. Aber ich war sicher, dass ich es auch alleine schaffen würde, meine Tochter großzuziehen. Ich hatte schon immer einen großen Kollegen- und Freundeskreis und war im Stadtteil gut integriert. Vom Familienleben mit meiner Tochter her hat auch alles wunderbar gepasst.
Schwierig fand ich allerdings, dass ich das erste Jahr, in dem ich nicht gearbeitet habe, Sozialhilfe beantragen musste – Elterngeld gab es damals noch keines. Das hat mich auch deshalb sehr getroffen, weil ich im sozialen Bereich arbeite und plötzlich selber Klientin wurde. Außerdem musste ich in der Situation meine Bausparverträge und kleinere Ansparungen aufgeben.
Als meine Tochter ein Jahr alt war, habe ich mir eine Tagesmutter gesucht und wieder 3-4 Tage die Woche im Schichtdienst gearbeitet. Wenn es mal einen Engpass gab, zum Beispiel weil die Tagesmutter ausfiel, konnte ich meine Tochter mit in die Arbeit bringen und eine Kollegin, die eher Feierabend hatte, hat sie mit zu sich genommen.
2004 wurde die Partnerschaft mit meinem afrikanischen Partner wieder etwas enger und ich habe noch einen Sohn bekommen. Mein Partner wollte allerdings nicht mit uns als Familie zusammenleben. Er hat auch finanziell kaum Verantwortung übernommen und die Alltagsdinge alle mir überlassen. Ich habe mich dann endgültig von ihm getrennt, aber den Kontakt zu den Kindern immer bestehen lassen.
Seit mein Sohn in der 3. Klasse ist, arbeite ich wieder Vollzeit. Eine Flugreise für drei Personen war trotzdem nie drin, auch wenn ich gerne mehr von der Welt gesehen hätte. Wir hatten aber auch so schöne Urlaube, zum Beispiel in einem Ferienheim für Familien auf Sylt.
Schwierig wurde es, als meine Kinder auf Klassenfahrt und ins Skilager gefahren sind. Dafür habe ich dann einen kleinen Kredit aufgenommen, den ich heute noch abzahle. Inzwischen verdient meine Tochter Geld mit Nebenjobs und mein Sohn will Zeitungen austragen. Das macht es finanziell etwas leichter.
Ich habe meine eigenen Bedürfnisse oft in den Hintergrund gestellt, aus finanziellen Gründen und weil man als Alleinerziehende einfach sehr viel planen und bewältigen muss. Aber ich habe gemerkt, dass es auch wichtig ist, gut für mich zu sorgen. Ich habe jetzt zum Beispiel einen Kreis von Frauen, mit denen ich mich treffe und Sport mache. Und ich habe mich entschieden, eine neue Stelle mit einer Leitungsfunktion zu übernehmen und beruflich noch einmal durchzustarten. Und seit ich meine neue Stelle habe, blühe ich richtig auf. Natürlich habe ich jetzt manchmal ein Zeitproblem, weil ich in meiner neuen Funktion gefordert bin und trotzdem Schulgespräche führen und Arzttermine mit meinem Sohn wahrnehmen muss, der ein spezielles Syndrom hat. Aber das bekomme ich hin.
Ansonsten rate ich allen Alleinerziehenden, Netzwerke zu knüpfen. Netzwerke sind für Alleinerziehende ganz, ganz wichtig. Außerdem sollten sie sich bei Bedarf Unterstützung holen. Als meine Tochter in die Pubertät kam und es Konflikte gab, bin ich zu einer Erziehungsberatung gegangen. Ich habe dort gelernt, dass es wichtig ist, sich immer wieder klar zu machen, dass man kein Einzelschicksal hat und dass es normal ist, dass in einer Familie nicht alles rund läuft. Und dass es wichtig ist, die Dinge manchmal einfach loszulassen.
In meinem Beruf ermutige ich Alleinerziehende auch immer wieder, Leistungen, die ihnen zustehen, in Anspruch zu nehmen und sich nicht dafür zu schämen.
Und manchmal erleichtert auch Kreativität das Leben. Ich habe kein Auto, habe jetzt aber das Car-Sharing für mich entdeckt und freue mich, dass sich so wieder eine Tür geöffnet hat.
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Wenn ich morgens um 7 Uhr zur Arbeit gehe und abends um 18 Uhr wiederkomme, dann noch Hausaufgaben etc mache, dann bin ich froh, wenn ich lebend mein Bett erreiche.
Alleinerziehende sind keine moralisch minderwertigen Wesen. Es geht ihnen schlecht, weil die Politik sie im Stich lässt, was die Gesellschaft, die Kirchen, die Wirtschaft nicht interessiert.
1. Steuerklasse 2: Man bekommt mit Stkl 2 ein monatliches Netto von Stk 1 + 100€. Klar ist man dann arm; vom Staat so gewollt.
2. Jede Mutter sollte ohne weitere Nachfragen Unterhaltsvorschuss bekommen, denn schließlich zieht sie die Steuerzahlerinnen von morgen auf. Solche Urteile sind unzeitgemäß, menschenverachtend und lassen die Frage offen, ob manche Justizangestellte schon gemerkt haben, dass wir das Jahr 1945 schon lange hinter uns gelassen haben:
https://www.kostenlose-urteile.de/topten.unterhaltsvorschuss.htm
3. Der Staat fördert mit dem Ehegatten-Splitting jedes kinderlose verheiratete Paar. Man muss nur 1 Mal im Leben zum Standesamt gehen, dann bekommt man diese steuerliche Vergünstigung lebenslänglich.
Da die Politikerinnen und Politiker von heute nicht in der vorhersehbaren Zukunft vorhaben, diesen Mißstand zu beheben, könnte man als verheiratetes kinderloses Ehepaar in jene investieren, die einem dann später die Rente zahlen werden. Man könnte den Betrag des Ehegatten-Splittings an jene spenden, die Kinder großziehen und mit Stkl 1 (nicht verheiratete Paare) und mit Stkl 2 (alleinerziehende Mütter) eine ganze Familie ernähren müssen. Kosten für Hobbies wie Schwimmen, Fussball etc sind nicht drin. Auch ein Urlaub pro Jahr sollte Standard sein, so dass diejenigen, die 365 Tage im Jahr die Arbeit eines Geschäftsführers für das Gehalt einer Putzfrau machen, sich regenerieren können. Sie sind wichtig, denn sie werden von ihren Kindern gebraucht.
Bitte nicht nur gut gemeinte Ratschläge geben, sondern die banalen Fakten angehen, so dass es vielleicht irgendwann ein Deutschland gibt was man als reich bezeichnen kann. Heute ist es nur voll von geldgeilen, egoistischen kinderlos verheirateten Paaren.