„Das ist halt so“ – das ist einfach zu wenig!

von | 14. Oktober 2019 | Freizeit!!!, Miteinander leben, streiten, wachsen, Sagen Sie mal…

„Die Jungen, die bei uns ankommen, sind – wie alle Jugendlichen – von ihrer Familie geprägt, ohne Frage.
Durch die Familie bekommen sie Werte vermittelt und das können zu 99 Prozent gute Werte sein,“ sagt Amin Raji vom Projekt HEROES. „Wir finden es aber wichtig, dass man sich als junger Mensch damit auch auseinander setzt und Regeln nicht nur beachtet, weil sie auferlegt wurden. Warum zum Beispiel sollte meine Schwester, im selben Alter wie ich, weniger ausgehen dürfen?“

Im Flyer der HEROES heißt es
„Jugendliche mit Migrationshintergrund leben zwischen den Kulturen: Familiäre Werte und Normen treffen auf die der deutschen Mehrheit und müssen mit dieser konstant in Einklang gebracht werden. Gerade Teenager geraten dabei unter empfindlichen Druck“.
Amin Raji kennt diesen Zwiespalt.

HEROES möchten für sich und andere etwas aktiv in ihrem Umfeld bewegen. Gruppenleiter wie er haben sie bei wöchentlichen Treffen über 9-12 Monate hinweg angeleitet, sich mit Themen wie Ehre, Gleichberechtigung, Rollenbildern, Gewalt und Rassismus auseinander zu setzen.
Ihre Erfahrungen und ihr Wissen geben HEROES dann als Multiplikatoren weiter in Schulklassen, die sie zu Workshops in der Schule einladen.
„Wir leben ein anderes Verhalten vor, das viele Jugendliche herausfordert. Und wir sind damit eine Lobby für Mädchen und Jungen.“

Manchmal, erzählt Amin Raji, kommen auch Eltern
im HEROES – Büro vorbei und möchten wissen, wo ihre Söhne sich aufhalten: „Sie möchten wissen, ob das vielleicht eine Sekte ist. Es entsteht oft auch ein besserer Kontakt zu den Eltern. Dann können von Jugendlichen Hürden genommen werden, die früher unerreichbar erschienen – zum Beispiel, den Vater zu fragen: `Mann sein – wie verstehst du das denn eigentlich?´ “

Warum kommen Jugendliche zu den HEROES?
„Sie werden durch Freunde auf uns aufmerksam, oder weil sie der Überzeugung sind, es müsse sich etwas ändern in unserem Begriff von Ehre,“ erklärt Amin Raji, „aber es sind auch schon Jungen gekommen, weil es bei uns immer was zu Knabbern gibt!“

Und warum bleiben Jugendliche bei den HEROES?
„Sie entdecken bei uns etwas, was sie vermissen: Ihre Meinung hat bei uns einen Platz! Jugendliche verändern Haltungen durch das Nachfragen, das bei uns immer wieder stattfindet: „Woher kommt Deine Meinung?“. Du musst nicht gut reden können, wenn du zu uns kommst – aber du musst versuchen, zu erklären, wie du zu deiner Meinung kommst. Zu sagen `Das ist halt so´, das ist einfach zu wenig!
Bei uns bricht für manche die Einstellung auf, dass ihre Meinung die Meinung der ganzen Welt sei! Oberste Maximen sind bei uns Gewaltfreiheit und die Gleichberechtigung von Mädchen.“

Das Projekt HEROES richtet sich an postmigrantische Jugendliche.
In vielen Herkunftsländern ihrer Familien – ob das Italien, Russland, die Türkei oder arabische Länder sind – spielt der Begriff „Ehre“ eine große Rolle.
Der Ehrenmord eines Bruders an seiner jugendlichen Schwester in Berlin war vor 15 Jahren dann auch der Ausgangspunkt für die Gründung von HEROES, berichtet Amin Raji:
„Im Extremfall können bei bestimmten Machtstrukturen und Wertvorstellungen in der Familie schlimme Dinge geschehen. Uns geht es darum, Jugendliche mündig zu machen, damit Sie in solchen Situationen Nein sagen können. Sie erleben bei uns Respekt und erwerben den Mut, ihre eigene Meinung zu sagen und zu respektieren.“

Wer ist für Dich ein HERO, ein Held?,
fragen wir Amin Raji, und er sagt: „ Wenn einer bereit ist, seine eigenen Standpunkte zu hinterfragen, dann ist er ein Held! Einer unserer Jungs sagt auch gerne: Typische Superhelden tragen Masken. Wirklich heldenhaft ist es ohne Maske seine eigene Meinung zu äußern oder für Andere einzustehen!“

HEROES Nürnberg
ist ein Projekt gegen Unterdrückung im Namen der Ehre und für Gleichberechtigung, getragen von dem Verein Degrin – Begegnung und Bildung in Vielfalt e.V.
http://www.heroes-nuernberg.de/
Dammstraße 4
90443 Nürnberg
Tel. 0911 – 21248970

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Bildnachweis: Foto D Reinecke, Heroes